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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 257
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Unterstützung und Wirtschaftsverlauf in der Weimarer Republik 1919—1931

Von Kriegsende ab fiel die Unterstütztenzahl bis 1921 um rund 50 %, um
dann in den Jahren 1922—1924 erneut leicht anzusteigen, gefolgt abermals
von einem leichten Rückgang. Ab 1927 zeigte sich dann eine leichte Besserung
.

Die Wiederankurbelung der Wirtschaft war durch die politischen und ökonomischen
Bedingungen sowie durch die starke Zuwanderung von Flüchtlingen
aus Elsaß und Lothringen besonders schwierig. Ihre Eingliederung in die mit
großen Problemen kämpfende Industrie war daher nahezu aussichtslos. Alle
Dinglinger Fabrikationsbetriebe waren durch den anhaltenden Rohstoffmangel
fast lahmgelegt und trugen sich mit Plänen zur Betriebsstillegung. 1920 begann
die Lederindustrie Arbeiter zu entlassen, und die Druckindustrie kam
1921 infolge der anhaltenden Papierknappheit völlig zum Erliegen59. So ist der
Rückgang der Armenzahlen zunächst eher verwunderlich denn verständlich.
Einen Beitrag zur Stabilisierung der Unterstütztenzahlen haben die örtlichen
Arbeitgeber sicher geleistet, indem sie eine höchstmögliche Anzahl von
Kriegsheimkehrern wieder einzustellen suchten und auch bei der sich abzeichnenden
rasch wachsenden Krise nicht zu Entlassungen, sondern zunächst zu
Kurzarbeit schritten. Den Beitrag jedoch, welcher zum Abschmelzen des Un-
terstütztenberges führte, leistete wahrscheinlich der Handel. Denn das sinkende
Vertrauen und die kränkelnde Währung hatte von Seiten der kaufkräftigen
Bevölkerungsschicht zu einer zügellosen Flucht in Sachwerte geführt, welche
vor allem dem Detailhandel einen Boom bescherte. Hier fanden jetzt viele einen
kleinen Verdienst oder Nebenverdienst zusätzlich zur Erwerbslosenfürsorge
, welcher ihr Abgleiten in die Bedürftigkeit verhinderte. Maßgeblichen Anteil
an diesem Ansturm auf den Handel trug die Landwirtschaft, welche seit
Kriegsende raschen Aufschwung genommen hatte. Der Dinglinger Rinderbestand
war zwischen 1919 und 1923 um 18%, der Schweinebestand gar um 82%
gestiegen, eine Entwicklung, welche den im ganzen Amtsbezirk festzustellenden
positiven Trend übertraf. Der Ziegenbestand, Indikator für krisenhafte
agrarische Zustände in Dinglingen, ging um 33% zurück.

Die Hochkonjunktur im Handel wurde jedoch durch die Rohstoffkrise der Industrie
, welche damit die verlangten Waren nicht mehr liefern konnte, jäh
beendet. So kam es ab 1922 erneut zu einem Anstieg der Unterstützungsbedürftigen
, welcher aber nicht das ganze Ausmaß der herrschenden Not widerspiegelte
, da seit der Errichtung der Republik ein sich dichter knüpfendes Netz
sozialer Sicherung viele derjenigen auffing, welche früher unweigerlich Armenunterstützung
hätten beziehen müssen. Gegenüber den vorhergegangenen
Jahren war die Armenstatistik nun verzerrt. Dennoch wurden auch weiterhin
sich verschlechternde wirtschaftliche Perioden sichtbar. In Wahrheit war die

59 StA Lahr, Bestand Dinglingen, Nr. 988

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