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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 88
(PDF, 76 MB)
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ne sahen sie sich genötigt nach einiger Zeit weiter zu streben. Aber waren sie
einmal Titularpfarrer, dann wechselten sie nur noch ungern Posten und Lebensraum
, selten mehr als zweimal während einer Karriere.

Ein vielseitiges Wirken

Das Wirken der Theologen war natürlicherweise vorrangig gottesdienstlich.
Getreu einem Wort des Apostels Paulus, das Luther später aufgriff, demzufolge
der Glaube aus der Predigt käme (Römer 10, 17), hielten sie die Kanzel
für den geeigneten Ort, der Welt den „Christus pro nobis" zu verkünden und
vor allen Dingen gegen die Werkgerechtigkeit der „Papisten" zu wettern. Die
Predigt hatte innerhalb der lutherischen Liturgie einen derartigen Platz, wurde
auch von den Pfarrern so gründlich vorbereitet, daß man die amtierenden
Theologen oft mit „Prediger" betitelte.

Diakonie und Seelsorge haben weniger Spuren hinterlassen als die Dorfschulen
, für die die Pfarrer verantwortlich waren. In manchen Ortschaften (Will-
stätt, Rheinbischofsheim, Ingweiler u.a.), bestand eine zweite Pfarrstelle, die
durch einen theologisch ausgebildeten Diakon besetzt war und der den Schulunterricht
zu erteilen hatte. In den kleineren Dörfern waren die Schulmeister
fast ausnahmslos Handwerker, die neben und manchmal auch in ihrer Schulzeit
ihren Beruf ausübten und die, ihrer schwachen Qualifizierung wegen,
ständig überwacht und womöglich weitergebildet werden mußten. Da auch
damals schon das Standesbewußtsein der Herren Lehrer nicht ausgesprochen
unterentwickelt war, gestaltete sich die Schule, zumindest vor ihrer Herauslösung
aus der kirchlichen Bevormundung, zu einer unerschöpflichen Quelle
von Streitigkeiten und bedauerlichen Spannungen.

Diese Verantwortung für die Schule, zusammen mit der Überwachung der Sitten
und dem äußerst delikaten Eintreiben des Pfarrzehnten, erwiesen sich als
starke Hindernisse für die Eingliederung und die Aufnahme der Theologen in
die Dorfgemeinschaft. Gewiß, es gab Bittschriften, von Gemeindegliedern unterschrieben
, die das Verbleiben eines Pfarrers am Ort bewirken sollten. Aber
sie sind zuwenig zahlreich, als daß wir hier die These der Beliebtheit des Pfarrers
in seiner Gemeinde aufrecht erhalten könnten. Für sie gab es Wesentlicheres
als Popularität beim Volk: unnachgiebige Erfüllung ihrer Pflicht zur Zufriedenheit
des Landesherren und vor allem kompromißlose Verkündigung
des Gotteswortes.

Die meist ungebildeten Laien waren keinesfalls befähigt, auch nur die geringste
pastorale Pflicht zu übernehmen, und so glichen die leerstehenden Gemeinden
, besonders nach den Kriegen, tatsächlich jenen Herden ohne Hirte,
von denen die Propheten Jesaja und Jeremia, allerdings in einem anderen
Kontext, sprachen. Man nahm sie zumindest auf, wenn auch nicht an, man ernährte
sie durch die Einkünfte des Zehnten mehr schlecht als recht, und wenn

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