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auch noch in unserem Jahrhundert einige Schritte in diese Richtung getan
wurden3. An dieser Stelle soll vielmehr im kleinen Rahmen die längst fällige
Würdigung des Mannes stattfinden4, der als der bedeutendste Gelehrte5 der im
Frühjahr 1803 aufgehobenen Stiftsgeistlichkeit zu gelten hat und der überhaupt
erst durch seine nachgelassenen Schriften Dritte in die Lage versetzt hat
und auch heute noch versetzt, Betrachtungen über die theologischen, philosophischen
, juristischen, historischen, geographischen und naturwissenschaftlichen
Studien, nicht zu vergessen die Musikpflege, seiner Mitbrüder und Vorgänger
im Kloster anzustellen6, was bei zahlreichen anderen Ordenshäusern
auf Grund der spärlichen Quellen überaus schwerfällt.
Die Angaben, die Bernard Stöber über sich selbst in seinen Geschichtswerken
und Gesuchen an den badischen Fiskus um Pensionserhöhung7 machte,
gestatten folgende Personenstands- und Lebensbeschreibung: Er kam am
10. Juni 1740 im Klosterflecken Schuttern als Sohn des dort ansässigen, aus Wien
stammenden Johann Baptist Stöber8 und dessen Frau Catharina Fluem(in), einer
Schwester des gleichnamigen Ettenmünsterer Konventualen und späteren
Abts Landelin, zur Welt und wurde tags darauf auf den Namen Johann Baptist
Hermann getauft. In einem Auszug aus dem Taufbuch der Pfarr- und Klosterkirche
zu Schuttern ist der Vater als „pictor" bezeichnet. Ob dieser über
das gewöhnliche Handwerk zur Kunstmalerei gekommen war, muß dahingestellt
bleiben. Jedenfalls zählte er in fortgeschrittenen Jahren zu den fähigen
Kirchenmalern der Gegend, und sein Können und seine Beziehungen zu Schuttern
und Ettenheimmünster sicherten ihm und auch seinem zweiten Sohn
Franz Joseph ein gutes Auskommen. Der Erstgeborene hat mit Sicherheit die
Kindheit im Geburtsort verbracht. Über seine Schulbildung und seine Lehrer
war bedauerlicherweise nichts in Erfahrung zu bringen. Als der Vater 1759
starb, befand er sich schon im Kloster. Aller Wahrscheinlichkeit nach 1757
eingetreten, legte er am 21. Mai des folgenden Jahres Profeß und seinen bisherigen
Vornamen ab. Am 1. Januar 1764 zum Priester geweiht, begann er seine
wechselhafte Laufbahn als benediktinischer Geistlicher und Gelehrter. Noch
im selben Jahr fungierte er als Katechet in Wallburg, einem Filialort von
Münchweier, 1765 als Unterlehrer im Stift, ab Juni 1766 als Chorregent und
3 So von J. B. Kolb in seinem badischen Lexikon, Bd. 1, 1813, S. 283, femer von J. B. Trenkle, Über die
Musik in den Ortenauischen Klöstern, in: FDA 3 / 1868, S. 176ff., A. Kürzel, Beiträge zur Geschichte des
Klosters Ettenheim-Münster, in: FDA 15 / 1882, S. 210ff., P. Lindner, Die Schriftsteller und Gelehrten der
ehemaligen Benedictiner-Abteien im jetzigen Großherzogthum Baden vom Jahre 1750 bis zur Säcularisa-
tion, in: FDA 20 / 1889, S. 128ff., und schließlich von L. Heizmann, Das Benedictiner-Kloster Ettenheimmünster
, Lahr 1932, S. 167ff.
4 Kolb nennt Stöber überhaupt nicht. Die übrigen, unter Anm. 3 aufgeführten Schriftsteller bieten einige Lebensdaten
und unvollständige Schriftenhinweise.
5 Wenn Stöber verschiedentlich behauptete, er sei kein Gelehrter, so ist das als reine Rhetorik aufzufassen.
6 Vgl. hierzu die Anmerkungen zu Stöbers „Monasterium D. Ettonis" auf S. 101.
7 GLA 237 (= Finanzministerium) / 4583.
8 Zu diesem und anderen südwestdeutschen Künstlern jener Zeit vgl. insbesondere die Mitteilungen von H.
Brommer in: St. Bartholomäus Ettenheim, hrsg. v. D. Weis, München / Zürich 1982, S. 38ff.
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