http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0200
Voraussetzung für eine wirksame Propaganda war die Beherrschung der Presse
, was den Nazis in Haslach ohne große Schwierigkeiten gelang. Der SS-
Mann Josef Huber stellte bereitwillig seinen „Anzeiger vom Kinzigtal", die
auflagenstärkste Haslacher Lokalzeitung, für die NS-Propaganda zur Verfügung
. Auch in der Bezirksausgabe „Die Wolfsangel" des NS-Organs „Der
Führer" waren die Haslacher Nazis stets mit zahlreichen Berichten vertreten.
Selbst das Zentrumsblatt „Kinzigtäler Nachrichten" schwenkte bald auf den
neuen Kurs ein.
Auf der ersten Großkundgebung der Nationalsozialisten am 6. Februar in der
Stadthalle verkündete NS-Ortsgruppenleiter Wilhelm Krafft die schonungslose
Abrechnung mit den politischen Gegnern. Der „schwarzen und roten Meute
" werde man jetzt „die Mäuler stopfen"58. Auf der gleichen Kundgebung
sprach als Hauptredner der NS-Bauernführer und Landtagsabgeordnete Albert
Roth aus Liedolsheim, der in den Reihen der badischen Bauern eine starke
Resonanz besaß.59 Die Zielgruppe, die die Haslacher Nazis mit dieser
Kundgebung ansprechen wollten, waren die Bauern in den Landgemeinden
um Haslach, von denen immer mehr von den Versprechungen der NS-Propaganda
überzeugt wurden, was das sprunghafte Ansteigen der NSDAP-
Stimmen in den Dörfern um Haslach bei der Reichstagswahl am 5. März 1933
bewies.60 Albert Roth warb denn auch in Haslach, in die am 5. Januar 1933
gegründete NS-Bauernschaft einzutreten; denn der „Nährstand" und der
„Wehrstand" würden im „neuen Deutschland" eine wichtige Rolle spielen.61
Am 1. Februar war der Reichstag aufgelöst worden. In dem bis zur Neuwahl
des Reichstages am 5. März 1933 andauernden Wahlkampf richtete sich der
Terror der Nationalsozialisten offen gegen alle politischen Gegner, in erster Linie
gegen die Kommunisten und Sozialdemokraten. Schon am 27. Februar,
bereits ein Tag vor der berüchtigten „Verordnung des Reichspräsidenten zum
Schutz von Volk und Staat", wurden im Amtsbezirk Wolfach sechzehn kommunistische
Funktionäre verhaftet62, darunter auch die Haslacher Willi Harter
, Philipp Kropp und Georg Benkisser.63
Auch die Sozialdemokraten in Haslach wurden vom Nazi-Terror nicht verschont
. Die Nationalsozialisten hatten es dem Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins
Friedrich Reppner nicht vergessen, daß er ihnen am 30. Januar die Show
gestohlen und vom „Rohrbrunnen" aus gegen Hitler gewettert hatte. In rüder
58 AK v. 7. 2. 1933 sowie v. 10. 2. 1933.
59 Schnabel, Die Machtergreifung, a.a.O., S. 21/22.
60 Vgl. unten, S. 202.
61 AK v. 7. 2. 1933 sowie 10. 2. 1933.
62 Gemäß der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat" v. 28. 3. 1933 konnten Bürger in „Schutzhaft"
genommen werden. Sie wurde von der SA bzw. von der SS, später von der Gestapo angeordnet. Rechtsmittel
gegen die Schutzhaft gab es nicht.
63 W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH.
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