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Ausbesserungsarbeiten abgeschlossen waren, wurde es endlich aufgehoben zu
Freude aller.
Nun ging es auch an die Renovierung der Kirche. Sie wurde geweißt und der
Boden mit Platten belegt73. 1732 erhielt sie 2 neue Seitenaltäre, für die der Rastatter
Künstler Liehl die Bilder malte, tüchtige Arbeiten, die den hl. Joseph
und die hl. Anna darstellen. Der 1740 erstellte Hochaltar bekam als Altarbild
eine Aufnahme Mariens in den Himmel nach P.P. Rubens74. So hatte Achern
ein barockes Gotteshaus. 1771 schenkte der letzte Markgraf von Baden-
Baden, August Georg dem Ort auf Bitten der Gemeinde ein Bild des seligen
Bernhards von Baden75. Die nächsten Jahrzehnte gab es keine Auseinandersetzungen
mehr wegen des Turmes. Aber zu Ende des Jahrhunderts erhob sich
ein neues schwereres Problem: die Liebfrauenkirche war zu klein geworden;
ein Neubau war unbedingt erforderlich.
Die Pfarrei Achern vom 16. bis zum 18. Jahrhundert
Die Pfarrei Achern gehörte zum Kapitel Ottersweier. Diesem stand ein Erz-
priester vor, der von den Geistlichen des Kapitels gewählt und vom Bischof
bestätigt wurde. Innerhalb des Domkapitels war für die rechtsrheinischen Gebiete
der Archidiakon zuständig. Über das religiöse Leben selbst ist nicht viel
bekannt76. Man besuchte an Sonn- und Feiertagen die Messe, nahm teil an der
Flurprozession an Christi Himmelfahrt und an der Prozession am Herrgottstag
sowie an den Wallfahrten nach Maria Linden und zur Hl. Dreifaltigkeit auf
dem Hochfeld bei Sasbach. Wahrscheinlich ging man dreimal im Jahr zum
„Nachtmahl", denn für 300 Kommunikanten (1666) besorgte der Pfarrer
nach den Kirchenfondsrechnungen von 1661 900 kleine Hostien77. Außerdem
war der Brauch verbreitet, wohl in Anlehnung an den Laienkelch der Protestanten
, den Gläubigen während der Messe gesegneten (nicht konsekrieten)
Wein zu reichen.
Auch die Obrigkeit kümmerte sich um das religiöse Leben des einzelnen. So
bestimmte die Gerichtsordnung von Niederachern 155978 über den Kirchgang:
„Und nämlich setzen, ordnen, wollen und gebieten wir, das ein jeder haußvater und Untertan, wie
er dann dasselbig bei seiner seel und seeligkeit zu tun schuldig ist, sein weib, kind und gesind an
Sonntagen, deßgleichen an zwölfbotten und andern verbotnen feurtagen zu kirchen, meß und predigen
schicke, er selbs auch dahin gange, dem gottesdienst fleißig außwarte und nit heraußen vor
der kirchen spazieren und schwetzen, sondern in die kirch hineingange. Welcher das bricht und
hierin ungehorsam erfunden wird, der bessert 10 Schill., so oft er das tuet, unnachläßlichen zu bezahlen
oder ein tag und nacht ins kefig gelegt und mit wasser und brot darinnen gespeiset zu wer-
73 GLA 229/190 Schreiben d. Vogtes Dalier v. 6. 11. 1730
74 E. Jehle, Achern. Offenburg o.J. S. 24—26
75 GLA 229/189 Schreiben v. 5. 10. 1771
76 Vgl. Louis Chätellier, Tradition Chretienne et Renouveau Catholique dans L'ancien diocese de Strasbourg.
Paris 1981
77 EAF Kirchenfondsrechnungen der Pfarrei Achern Depositum Achern
78 Entnommen von Ph. Ruppert, a.a.O. S. 150
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