http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0322
Generalvikar stimmte in seiner Antwort vom 26. 7. 170190 dem Vorschlag zu,
setzte aber die Anzahl der Jahre auf 9 herab. Außerdem verfügte er, daß jedes
Jahr zu Beginn des Monats Februar der Kassenstand in Gegenwart des Erz-
priesters, des Pfarrers und des Vogtes überprüft werden müsse. Wenn aber die
Einkünfte in den einzelnen Jahren nicht vermehrt würden, dann werde er seine
Erlaubnis widerrufen.
Schließlich glaubte man die finanziellen Verhältnisse soweit geordnet zu haben
, daß wieder ein Kaplan angestellt werden konnte. Dieser wurde aus den
Reihen der Allerheiliger Patres genommen. Doch zuvor mußte noch einiges
geregelt werden. Da war zunächst die Frage, wer das Präsentationsrecht91 ausüben
darf. Nach der Stiftungsurkunde von 1489 stand es 3 Männern zu, von
denen 2 Schöffen waren und einer von der Gemeinde gewählt wurde. Am
5. Juni 1712 gab die Gemeinde das Wahlrecht dieser 3 Männer ab und übertrug
das Präsentationsrecht auf den Vogt und das Gericht mit der Einschränkung
, daß solange Allerheiligen einen geeigneten Geistlichen vorschlagen
kann, man diesen Vorschlag berücksichtigen soll. Dem Kloster wurde auch
zugebilligt, den eingesetzten Kaplan jederzeit versetzen zu können. Außerdem
wurde zwischen der Gemeinde und dem Kloster vereinbart, was ein Kaplan zu
tun hat92. Er muß dreimal in der Woche in der Pfarrkirche die Messe lesen,
davon eine an Sonn- und Feiertagen als Frühmesse. Zwar braucht er kein Musikus
zu sein, jedoch soll er etwas von Choral verstehen und vom Orgelspiel
(„Schlagen"). Zusammen mit dem Pfarrer soll er den Schulunterricht überwachen
(„visitieren"), wobei erwartet wird, daß sich die beiden gut vertragen.
Da die Mittel für den Lebensunterhalt des Kaplans noch nicht ganz ausreichten
, verpflichtete sich die Gemeinde an 3 Terminen je 75 fl zu entrichten, bis
die vorgeschlagene Summe von 200 fl erreicht ist. Außerdem erhielt der Frühmesser
3 Klafter Holz, und wenn dies nicht möglich war, als Entschädigung 3
Reichstaler (= 4 fl 5 ß) aus der Gemeindekasse.
Doch waren damit die Streitigkeiten noch nicht zu Ende. Zu ernsten Auseinandersetzungen
kam es 1726, als der Abt Joachim Bahr den Kaplan abberief
und einen neuen bestellte, ohne die Gemeinde zu „begrüßen"93. Man beschwerte
sich deswegen beim Kaiser, der eine Kommission mit der Untersuchung
des Falles beauftragte und das Präsentationsrecht der Gemeinde erneut
bestätigte.
Eine neue Unruhe erhob sich 176194. Anläßlich einer Visitation erklärte der
Consiliarius der Vogtei Achern, daß der Kaplan nicht dem Erzpriester präsentiert
werden dürfe, sondern gemäß den Bestimmungen des Konzils von Trient
90 GLA 67/1 137 Responsio
91 GLA 229/200 Schreiben der Gemeinde Unterachern vom 19. 12. 1797
92 GLA 67/1 141
93 GLA 229/200 Schreiben der Gemeinde vom 14. 10. 1726
94 GLA 229/190 Schreiben des P. Modestus Haug vom 26. 4. 1761
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