http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0057
mischen Dialekt sprechen; mit dem fremden ist's noch lange Zeit. Mit dem
Sprechen empfangen wir in der zarten Kindheit die erste Anregung und Richtung
der menschlichen Gefühle in uns. . . Der Charakter jedes Volkes. . .
drückt sich lebendig in seiner Sprache aus. . . Wollen Sie Ihre Söhne zu Franzosen
machen, so ist nichts daran auszusetzen, daß Sie sie im ersten Jahr des
Lebens schon durch die Sprache der Franzosen dazu einweihen. Sollen sie
aber an Herz und Sinn wie Vater und Mutter werden, so ist das Französische
nichts nutz dazu. . ."7
Das ist eine Position, wie sie Hansjakob später auch in seinem Verhältnis zur
Mundart und zum Hochdeutschen bezogen hat.
Hebel hat sich auch Gedanken über die von ihm beabsichtigte Verwendung
der Mundart gemacht. Er hat darum gerungen. Er hat die Mundart grammatikalisch
studiert, hat versucht, „in dieser zerfallenden Ruine der altdeutschen
Ursprache noch die Spuren ihres Umrisses und Gefüges" zu suchen. Und an
Gräter schrieb er: „Ich habe in denselben (den Gedichten) mit den Schwierigkeiten
gekämpft, in dieser rohen und scheinbar regellosen Mundart . . rein
und klassisch und doch nicht gemein zu sein. . ."8
Auf eine allgemeine Ausrichtung des Dialektes, wie es ihm Johann Heinrich
Voss vorgeschlagen hatte, verzichtete er jedoch. Jener habe ein „idealisches
Plattdeutsch" geschrieben, damit es in jeder Sprachlandschaft des Plattdeutschen
verstanden werden konnte. Dies wollte Hebel nicht. Aber nach dem Erscheinen
der „Alemannischen Gedichte" war er „in gewissen Momenten inwendig
unbändig stolz" und fühlte sich „bis zur Trunkenheit glücklich", daß
es ihm gelungen war, „unsere sonst so verachtete und lächerlich gemachte
Sprache klassisch zu machen und ihr eine solche Zelebrität zu ersingen."9 Das
hatte ihm schließlich kein geringerer als Goethe bestätigt.
Ein Epiker
Für Heinrich Hansjakob liegen die Dinge anders. Er hat die Mundart dort eingesetzt
, wo er die Menschen in seinen Geschichten sprechen und erzählen ließ,
um echtes Kolorit zu geben. Hansjakob war kein Mundartlyriker. Gedichte in
Mundart habe ich von ihm überhaupt keine gefunden. Er war Epiker. Gedichte
lagen ihm nicht. „Mich könnte man auf den Kopf stellen", schrieb er „In der
Kartause" zu einem Gedicht von Vierordt an ihn, „es kämen keine so poetischen
Verse zum Vorschein. Aber Freund Vierordt ist eben Dichter und Rentner
, und ich bin ein Dorfschreiber und ein armer Schlucker."10
Was Hansjakob für die Mundart geleistet hat, liegt auf einem anderen Feld
wie die so tief wurzelnde Dichtung Hebels. Bei Hansjakob ist alles handfester.
Hansjakob sei ein „Bewahrender" gewesen, haben wir vorhin festgestellt. Er
wollte die Heimat und ihre Menschen vor den Einbrüchen artfremder Ent-
59
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0057