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und Haben belastet fühlen. Es existiert kein .Konto Hansjakob' außer dem
ungeschriebenen des herzlichen Dankes unsererseits für das freundliche Interesse
an dem Blättle und der alten stets unveränderten Sympathie und Hochverehrung
für den Empfänger zu St. Martin in Freiburg.
Man soll aber nicht nur Sünden gutmachen, man soll sich auch vor der Begehung
hüten und nicht dazu verleiten. Und diese Schuld würden Sie auf sich laden,
ließe ich mich dazu betören, den minderwertigeren Inhalt Ihrer Sendung meinem
Alten auf die Brandeck nachzuschicken. Seit seiner Krankheit bemühe ich
mich ängstlich, wo immer es in meiner schwachen Kraft steht, ihm persönliche
und geschäftliche Unannehmlichkeiten ferne zu halten. Ihre Sendung würde
ihn kränken, und das wollen wir doch Beide vermeiden. Mit dem postwendenden
Gutmachen des Fehls hoffe ich, ihm die ungetrübte Freude an Ihren freundlichen
Zeilen bereiten zu dürfen. Es läge auch die Gefahr nahe, daß ein Dritter
eine Schuld auf sich laden würde. Ich habe z. Zt. dem Vater Staat einen .Einjährigen
' zur Verfügung zu stellen. Der Militarismus korrumpiert, das sehe
ich am eigenen Fleisch und Blut. Vor ein paar Wochen fühlte sich unser
Freund Bebel von ähnlicher Schuld bedrückt wie Sie. Der ,Einjährige' Geck
stand dabei, als ich die Annahme der Postanweisung verweigern wollte. Mit
dem Mute, der des Soldaten Brust ziert, eskamotierte er den von der Mutter
verschmähten Mammon und .requirierte' ihn mit der größten Selbstverständlichkeit
für das Regiment No. 170 eigene Angelegenheit des Empfängers. —
Vor einer Wiederholung der Missetat will ich ihn bewahren! —"
Der genannte Einjährige war der am 22. August 1893 in Offenburg geborene
Adolf Brandel, auch .Brenz' von seinen Freunden gerufen, der im Sommer
1912 das Abitur bestanden und bei der Abschlußfeier des Gymnasiums im
Drama Philoktet von Sophokles als Odysseus mitgewirkt hatte. Die vorzüglich
gespielte Rolle tauschte er ebenso überzeugend mit jener des .Einjährig-
Freiwilligen' bei dem Offenburger Regiment, wo er die Vorteile des heimatlichen
Ortes genießen konnte.
Mit bemerkenswertem Stolz regelte Marie Geck den weiteren Bezug des Blattes
: „Allen Ernstes, hochverehrter Herr Stadtpfarrer, ich bitte Sie, lassen Sie
uns gegenseitig den alten Modus einhalten und haben sie freundlichen Dank
dafür. Eine Postnummer hat das Blättle nicht, der Versand geschieht nur
unter Kreuzband, da der Verleger jeden Empfänger kennen will, und manch
Einer hat das Blättle schon bestellt und bekommt es nicht weil der Herausgeber
meint, es wäre zu gut für Diesen und Jenen, 's ist zwar eine Art geistigen
Hochmutes, aber das ändern wir dem ,Alten' nimmer."
In der Weiterführung des Briefes spürt man deutlich, wie sie Zutritt zum
Innern Hansjakobs sucht, in einer Weise, wie sie einmal der Jesuit Pierre Teil-
hard de Chardin formuliert hat: „Um die Menschen anzuziehen und miteinander
zu verbinden, gibt es nur eine Art von unwiderstehlichem Kontakt, den
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