http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0091
Wittelbach
Mittel- oder Wittelbach, ein Dörfel von 10 ad 12 behöfften Untertanen, liegt
mitten in der Herrschaft Geroldseck, ist ein Appertinenz des Gotteshauses
Ettenheimmünster und des Patrimonium Sancti Ettonis, fundatoris gedachten
Gotteshauses, die Untertanen sind leibeigen, auch hat mehrbesagtes Gotteshaus
allda die landesfürstliche Superiorität, das ius gladii aber hat die nächst
dem Gotteshaus Ettenheimmünster angelegene Stadt Euenheim, eine Appertinenz
des Bistums Straßburg. Über gedachtes Dorf und Gotteshaus Ettenheimmünster
ist ein zeitlicher Bischof von Straßburg Kastenvogt und hat das ius
advocatie, welches ius vormalen die Herren von Geroldseck und noch letzthin
Herr Graf von Cronenburg ingehabt, under ihm aber auch und bei seinen
Lebzeiten von dem Haus Geroldseck hinweggekommen, wie solches aber geschehen
, hat man bisher zu keiner verläßigen Nachricht gelangen können. . .
Interessant ist an diesem Bericht vor allem die Angabe über die Einwohnerzahl
Wittelbachs, die mit 10 oder 12 Gehöften bei ca. 60 Personen gelegen
haben dürfte. Fällt uns heute schon die Winzigkeit der ehemaligen Gemarkung
auf, so gilt das noch mehr für die Zeit, bevor der geroldseckische Herrschaftswald
auf dem Grassert der Gemeinde zugeschlagen wurde.
Dieses Aktenstück stammt vom Mai 1716 und wurde von dem geroldsecki-
schen Amtmann Solati der vorderösterreichischen Regierung in Freiburg vorgelegt
. Der beschriebene Zustand kam im Jahre 1470 zustande, als Ludwig
Lumbart, Herr des Schloßguts Dautenstein, seine von Geroldseck zu Lehen
gehenden Rechte in Wittelbach dem Kloster verkaufte. Bereits 1367 hatte
Ettenheimmünster die Wittelbacher Besitzungen des Klosters St. Trudpert
übernommen, die ihrerseits unter der Vogtei der Dautensteiner lagen. Über
diese alten Vogteiverhältnisse gibt die Entscheidung Auskunft, die Walther
von Geroldseck im April 1302 im Streit zwischen den beiden Inhabern von
Rechten traf: Danach ist die Gerichtspflicht in Wittelbach, d.h. im Gebiet zwischen
Holderstock und Kambach, zu 2/3 im Besitz Konrads von Brunnbach
und zu 1/3 im Besitz Heinrichs von Dautenstein. Weder das Kloster St. Trudpert
wird als Herr in Wittelbach erwähnt noch der Geroldsecker. Die Aufteilung
einerseits, der durch die Papsturkunde von 1144 andererseits nachgewiesene
Besitz des Klosters St. Trudpert lassen nur den einen Schluß zu, daß das
eine Drittel das Vogteirecht des Dautensteiners darstellte, die anderen zwei
Drittel dagegen von St. Trudpert an die Brunnbacher ausgegeben waren —
wegen der ungünstigen Lage des Ortes, denn aus diesem Grund wurde der Besitz
ja auch 1367 verkauft. Der Geroldsecker hat jedoch bis zum Übergang der
Lehnsherrschaft über Dautenstein an ihn (um 1430) keine Rechte in Wittelbach
bis auf einige Grundherrschaftszinse, die im 15. und 16. Jahrhundert als
Lehengüter ausgegeben waren.
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