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Sie waren als ,Ganerbenschaft' organisiert: blieb eine Familie ohne direkte
Erben, wurden die anderen Familien als Ganerben erbberechtigt. Die Lehensleute
und Dienstmannen aus den verschiedenen Familien besaßen verschiedene
Geschlechternamen, führten jedoch gleichzeitig den Namen und das Wappen
derer von Staufenberg. Bekannt sind u.a. die Geschlechter Bock, Hummel,
Schenk, Wiedergrün und Diemringer (oder Temring).
„In ihrem Anspruch auf Historizität dürfte die Sage vom Ritter Peter für die
Staufenberger Ganerbenschaft eine ähnliche Bedeutung gehabt haben wie die
Schwanrittererzählung für die Geschlechter von Kleve und Bouillon oder die
Melusinensage für das Haus Lusignan-Partenay."5
Der Ritter Peter Diemringer von Staufenberg ist in Liebe mit einer Fee verbunden
, einer Jrouwe', die für ihn Walküre, Mäzenin und Geliebte ist: sie
beschützt ihn im Kampf, gibt ihm ,guotes v/V und erscheint in seiner Kammer,
sobald er sie ruft. Alles gestattet sie ihm, nur nicht die Ehe mit einer irdischen
Frau. Sollte er je heiraten, müßte er am dritten Tag nach der Hochzeit sterben.
Lange Zeit dient der Ritter seiner ,/rouwe', zieht durch ganz Europa und steht
bei Freund und Feind wegen seiner Tapferkeit in höchstem Ansehen. Sein
Glück endet, als er mit Rücksicht auf seine Verwandten, seine Reputation und
sein Seelenheil in die Ehe mit der Erbin des Herzogtums Kärnten einwilligt,
einer Verwandten des Königs, die dieser dem Staufenberger als Gattin anbietet.
Beim Hochzeitsmahl stößt ein nackter Fuß durch die Decke des Saals, in dem
die Gäste feiern. Er ist das Zeichen, daß das Leben des Ritters verwirkt ist.
Drei Tage noch hat er Zeit, sich auf den Tod vorzubereiten, dann stirbt er.6
Als Dichter oder Anreger des Werkes gilt seit den Untersuchungen Edward
Schröders7 Herr Egenolf von Staufenberg, der bis 1320 in der Burg Staufenberg
bei Durbach in der Ortenau bezeugt ist. Er spricht in seinem Gedicht
seine Adressaten unmittelbar an: die .stolzen, werden jungen man'(Z. 32), die
Jungen lut' (Z. 1144 d).
Man wird in ihnen die junge Ritterschaft „des weiteren Familienkreises"8 des
Verfassers sehen dürfen, vor allem die Jungritter der Burg Staufenberg, von
der wir wissen, daß sie, solange sie als Festung Bestand hatte, eine Art .Ritterkaserne
' war, in der stets zahlreiche Kriegsleute lebten und Dienst taten.
Der eigentlichen Erzählung geht ein .Prolog' voran, wie man ihn häufig am
Anfang mittelalterlicher Versepen findet.
Aufgabe eines solchen Prologs ist es, die Zuhörer oder Leser für den Inhalt
des Werkes zu gewinnen und sie zu veranlassen, den Gedankengängen des
Verfassers zu folgen.
„Die ritterliche Dichtung des Mittelalters hat für den Prolog eine eigene
Struktur entwickelt, die auf dem Gesetz der Zweiteiligkeit beruht. Der erste
Teil nimmt das Gespräch mit den Empfängern auf; der zweite Teil führt in das
Werk ein."9
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