http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0144
Kirchenordnung der Pfarrey Niderschopfen hochfreyhl.
Dalberg- und Bettendorfsch. Herrschaft
Josef Bayer
Unter diesem Titel befindet sich im Franckensteinischen Archiv im Rentamt
zu Offenburg ein Faszikel.
Keine Gemeinschaft kann ohne Ordnung auskommen. Jede Familie ordnet
sich ihre Gemeinschaft, jede Gemeinde gibt sich eine Gemeindeordnung, jeder
Staat regelt das Zusammenleben durch Gesetze. Von jeher hatten auch die
kleinen Grundherren ihren Dörfern eine Dorfordnung gegeben. So hat z.B.
Claus Röder von Diersburg 1570 den Diersburgern eine Rechtsordnung geschaffen
, die das Leben in Diersburg bis zur Mediatisierung regelte.1 In Hofweier
erwähnt Kähni2 in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts eine „Polizey- und
Dorfordnung". In diesem Rahmen ist die Bettendorfsche „Kirchenordnung",
die zugleich Dorfordnung war, zu sehen.
Datierung
Der Faszikel ist nicht datiert. Die Präambel läßt aber einen Termin post quem
erschließen. „Dieweilen nach der Lehr Christi von allen sachen die Ehr und
das Reich Gottes solle gesucht werdten, damit dann auch der Seelen Heyl und
Seeligkeit, der Seegen Gottes und Wohlfahrt des lieben Vatterlandes befördert
werdten. Also ist zu dißem Zill und Endt gegenwärthige Kirchenordnung von
gnäd. Herrschaft selbsten umb Abstellung aller durch leidige Kriegs Zeiten
eingeschlichene Mißbräuchen und abwendung alles Unheyls approbiert und
confirmiert wordten, darnach sich alle Unterthanen dieser Herrschaft zu achten
haben". Es sollen also „alle durch leidige Kriegs Zeiten eingeschlichene
Mißbräuche" abgestellt werden. Dabei ist an die französischen Raubkriege zu
denken, die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bis 1714 (1715 Tod
Ludwigs XIV.) die Ortenau verwüsteten, ausplünderten, die Bevölkerung
drangsalierten und sie oft bis aufs Blut aussaugten. Die Menschen dieses Gebietes
waren vorher schon durch den furchtbaren 30jährigen Krieg dezimiert
und ausgeblutet. Der mühsame Wiederaufbau wurde durch die folgenden
Raubkriege sehr erschwert. 1668 wurde das vom 30jährigen Krieg her ohnehin
unbewohnbar gemachte Diersburger Schloß noch an zwei Stellen gesprengt.
1689 wurde Offenburg in Schutt und Asche gelegt — der wütende Brand soll
die ganze Gegend derart erleuchtet haben, daß man des Nachts in Niederschopfheim
(Bericht des Vogt) und in Diersburg (Erzählung alter Leute an den
Senior Röder) ohne Licht habe lesen können. Auch in Kirchenbüchern hat
dieses Elend seinen Niederschlag gefunden. So liest man im Totenbuch Hof-
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