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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 145
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weier 1676, daß Jakob Clem, Justitiarius, stirbt „tempore belli, parocho ab-
sente"; daß 1711 Adam Bihler, Justitiarius, stirbt „in exilio et fuga". Im
Totenbuch Diersburg ist zu lesen, daß am 12. 11. 1678 Mathias Faist a militi-
bus praedabundis globo trajectus — von plündernden Soldaten erschossen;
am 14. 4. 1703 Mathias Faist sepultus ob imminentes praedabundis milites in
Thiersperg in horto propriae domus — wegen drohenden plündernden Soldaten
im Garten des eigenen Hauses beerdigt worden; am 18. 4. 1703 Anna
Strakhini sepulta iuxta capellem BMV in Oberschopfen ob militum excursio-
nem — wegen umherstreifenden Soldaten bei der Muttergotteskapelle begraben
. Trockene Bemerkungen, die viel Leid verraten.

Daß unter solchen Umständen Zucht, Sitte und Ordnung aus den Fugen gerieten
, ist wohl verständlich. Es spricht für das Verantwortungsbewußtsein der
Herrschaft, sofort nach Beendigung des Krieges — die Ortenau durfte sich ab
1714 etwa 20 Jahre hindurch der Ruhe und des Friedens erfreuen — wieder für
Ordnung gesorgt zu haben. Der terminus ante quem dürfte 1724 gewesen sein,
da in diesem Jahr Pfarrer Phil. Jakob Schmautz in Hofweier erstmals auch
eine Kirchenordnung von der Kanzel in Hofweier verkündete (10 Paragraphen),
die ein Auszug der Niederschopfheimer herrschaftlichen Ordnung war.3 Wenn
diese Annahme stimmt, war Anna Maria von Bettendorf, geb. von Dalberg
mit ihren Töchtern die Verfasserin. Ihr Mann, Johann Carl Adolf von Bettendorf
, war 1706 gestorben. Von ihr sagt Bartelt: „Die Witwe regierte zusammen
mit ihren verheirateten Töchtern (Maria Eva von Erthal, Maria Margarete
von Franckenstein, Maria Elisabeth Schenk von Staufenberg) die Herrschaft
Binzburg4 mit einem fraulichen Geschick, das Staunen erregt."5 Ebenda heißt
es: „Im religiösen Leben der Pfarrei läßt sie nichts durch, und der gute Pfarrer
muß sich mehr als einmal rechtfertigen. Er wird streng angefahren, wenn
ein uneheliches Kind getauft wurde, wenn bei der jährlichen Prozession zur
Muttergottes von Weingarten6 es auf dem Heimweg zu Raufereien kommt.
Streng setzen sie die Wirtschaftsordnung fest und lassen scharf kontrollieren,
ob die Wirte den Feierabend, das Freitagsgebot halten. Tanz wird nur auf dem
Dorfplatz am Stockbrunnen gestattet, wenn sie selbst und der Pfarrer dabei
sind."

Die Kirchenordnung

Die Kirchenordnung, die zugleich Dorfordnung ist, verrät, wie das ganze
dörfliche Leben bis in die Verästelungen hinein vom religiösen Geist durchdrungen
und getragen ist. Wie damals nicht unterschieden wurde zwischen
Kirchengemeinde und politischer Gemeinde, sondern es nur die Gemeinde
gab, so ließ sich das Leben des einzelnen nicht aufteilen in privates und öffentliches
Leben, religiöses und politisches Leben, es war in allen Belangen
schlicht und einfach das Leben aus dem Glauben heraus. Dafür legt diese Ordnung
ein beredtes Zeugnis ab.

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