http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0244
(1805—1852), Franziska Singler, geb. Göppert (1802—1881) sowie den Rothweilerhof
-Familien Johannes Griesbaum (1822—1900)/Franziska, geb. Billharz
(1820—1894) und Mathias Rothweiler (1827—1893)/Rosalia, geb. Singler
(1828—1895).
Nach mündlicher Überlieferung sollen den Bauern beim Holzabfahren die
Pferde ausgerissen sein. Zum Dank dafür, daß die Tiere in dem gegen die beiden
Höfe steil abfallenden Gelände nicht zu Schaden kamen, errichteten die
vier Bauernfamilien den Bildstock.
Hat der Rothweilerhof als Agrarkommune noch eine Zukunft?
Neben den für ein reibungsloses Zusammenleben unumgänglichen Absprachen
sind es viele kleine Gesten, sichtbare Zeichen des Bemühens um den Mitmenschen
, die das gemeinschaftliche Leben und Arbeiten nicht nur erträglich,
sondern lebenswert machen. Sei es, daß man die Mahlzeiten unterbricht, wenn
die Mitfamilie später zu Tisch kommt und ihr Tischgebet spricht, sei es daß
man sich am Backtag ein Laible Brot schenkt oder sich für kleine Dienste und
Gefälligkeiten mit einem „Vergeltsgott" bedankt; von allen Familienmitgliedern
wird stets ein Höchstmaß an Großzügigkeit, Zurückhaltung, Rücksichtnahme
und Selbstüberwindung verlangt, menschliche Eigenschaften, die der
egozentrischen Denkweise unserer Zeit zunehmend fremd werden.
Und wie steht es in unserer rationalisierungswütigen Zeit mit der Teilung des
Hofguts? Wird das „Beschleunigte Zusammenlegungsverfahren", das gegenwärtig
in der Gemeinde Schuttertal vom Flurbereinigungsamt Offenburg
durchgeführt wird, auch diesen Hof „flurbereinigen"? Wird die Erzähltradition
die Agrartechniker an einer Teilung hindern, besagt die Hofüberlieferung
doch, daß all jene, die die Teilung des Hofguts durchführen von einem schweren
Schicksalsschlag oder sogar vom Tode heimgesucht werden! Hat bisher
nur die Furcht oder vielleicht die Einsicht die Hofgenerationen an einer Teilung
dieser Agrarkommune gehindert?
Gewiß, vieles hat sich in den letzten vierzig Jahren auf dem Hof geändert.
Knechte und Mägde gibt es keine mehr. Die Technik hat auch auf diesem Hof
Einzug gehalten, zu Rationalisierungen genötigt und Arbeitsabläufe verändert
. Die modernen Medien setzen die Familien dem uniformierenden Einfluß
von außen aus; das Familienleben ist nicht mehr auf den Hof allein fixiert.
Der Einfluß von schulischen Bildungseinrichtungen auf die Bauernkinder und
die Notwendigkeit zur Anpassung an Verdienstmöglichkeiten außerhalb des
Hofes haben eine fortschreitende Entindividualisierung der überlieferten Hofgesetze
zur Folge.
Wird diese Agrarkommune, die im Laufe vieler Generationen eine soziale
Lebensform mit beachtenswerten geistig-sittlichen Werten entwickelt hat,
trotz aller nivellierender Zeiteinflüsse eine Zukunft haben?
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