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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 403
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er wieder Mahlgut annehmen und verabfolgen. Es schien ein Versuch zu sein,
sich gegen die reglementierende Bürokratie zu wehren, denn in ganz Baden rebellierten
die Müller und weigerten sich, Mahlscheine anzunehmen und Mahlbücher
zu führen. Erst als die badische Landesregierung „spürbare Erleichterungen
" versprach, konnte alles seinen gewohnten Gang nehmen, auch in der
Oberharmersbacher Paulimühle.

Die Höchstpreise riefen natürlich die Schieber und Hamsterer verstärkt auf
den Plan. Waggonweise wurde Hehlergut an den Mann gebracht, allein in
Baden wurden im Februar 29 Eisenbahnwaggons beschlagnahmt. Es gab nichts,
mit dem die Schieber nicht handelten: Kalk, Gewebe, Schrott, Saatgut, Kartoffeln
, Backsteine, Holz, Bretter, Wein, Kohle, Zement, Messing, Kupfer,
Papierholz, Heu und Eisen. Um an die begehrte Ware heranzukommen, wurden
selbst Telegraphenleitungen von „Profis" geklaut. Nur sehr langsam schienen
Verbote zu greifen. Einem wichtigen „Zweig" des Schwarzmarktes, dem Verschieben
von Schnaps, wollte man einen Riegel vorschieben, indem man einfach
das Brennen von Topinambur untersagte, aber auch nicht mehr die 10 1
Weingeist für den Hausgebrauch gestattete. Neu anpflanzen durfte man nur
auf Flächen, die auch schon 1918 entsprechend bewirtschaftet waren.

Gefruchtet haben die Verbote nicht viel, die Preise kletterten weiter, die Schieber
sahnten ab. Immer deutlicher jammerte die Redaktion der Schwarzwälder
Post über die „explodierenden" Papierpreise. Hatten vor dem Krieg 1000
Papierbögen 46 x 59 cm noch 12 Mark gekostet, so standen sie im Januar 1920
bei 120 Mark, Ende Februar bei 216 Mark, sieben Tage später bei 480 Mark.
Und da auch die staatlichen Leistungen von Preissprüngen betroffen waren,
machten bald Witze die Runde: „Die Postgebühren sollen fortan nur noch
jeden dritten Tag erhöht werden."15

Die harten Friedensbedingungen, zu denen auch umfangreiche Sachlieferungen
an die Siegermächte gehörten, ließen für den Winter eine schwere Energiekrise
erahnen. Bereits im Juli wurden Vorschriften erlassen: Schließung der
Gaststätten in den Wintermonaten um 9 Uhr abends, nur eine Lampe in jedem
Raum, keine Heizung in Tanzsälen.16

Bürgermeisterwahl und Reichstagswahl in Oberharmersbach

Landolin Jilg, Kornbauer von Hagenbach, hatte 25 Jahre lang die Geschicke
der Gemeinde Oberharmersbach geleitet. Jetzt wollte „der konservative Mann
sich in die neuen Verhältnisse nicht mehr hineindenken und ihnen Rechnung
tragen."17 Er dankte ab. Am 20. 1. 1920 wählte die Gemeinde Oberharmersbach
einen neuen Bürgermeister. Der Lukasbauer Fridolin Lehmann erhielt
366 Stimmen, Bäckermeister Cölestin Läufer 269; 18 Stimmen entfielen auf
Splitterkandidaten. Mit „Fackelzug, Böllerschüssen, Musikständchen, Chorgesang
, Feierreden und Zutrinken"18 feierte Oberharmersbach das Wahlergebnis
.

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