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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 428
(PDF, 91 MB)
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schaft erklärt sich wohl auch mit dieser zunehmenden konservativen Wende,
die 1928 durch die Wahl des Prälaten Kaas zum Zentrumsvorsitzenden gegen
den Vertreter des Arbeiternehmerflügels vorangetrieben wurde. Sie gipfelte in
Koalitionsangeboten an Hitler 1932 und endete mit der freiwilligen Auflösung
des Zentrums nach dem Reichskonkordat 1933.26 In eingefleischt katholischen
Gebieten wie in Zell gelang es ihr dadurch, die nationalsozialistischen Gewinne
in Grenzen zu halten, nicht jedoch die Stimmenverluste seit 1919/20 wieder
rückgängig zu machen. Bei der Machtergreifung Hitlers war das Zentrum
auch in Zell noch die letzte, halbwegs unbeschädigte Bastion des Widerstandes
, die durch die Gleichschaltung beseitigt werden sollte.

Konstanz der Linken

Ein überraschendes Phänomen bei den Wahlen ist die Konstanz der linken
Parteien. Ihr Anteil beträgt ständig zwischen 25% und 30%; lediglich die interne
Verteilung verändert sich zu Ungunsten der SPD. Dieser Wählerblock
läßt auf ein festgefügtes und mehr oder weniger geschlossenes proletarisches
Milieu schließen, das auch Angriffen von Seite der Kirche und später der
Nationalsozialisten standhält. Die Voraussetzungen für das Entstehen eines
solchen Milieus waren ja auch durch die Konzentration der Arbeiter in einem
beherrschenden Betrieb, den „Vereinigten Zeller Keramischen Fabriken" gegeben
, die der einzig nennenswerte Arbeitgeber war. Dieses Milieu ging weit
über die eigentliche Interessensvertretung in den „Freien Gewerkschaften"
hinaus. Jeder „bürgerliche" Verein in den Sparten Musik, Gesang, Sport und
Natur hatte einen Konkurrenten von Seiten der Arbeiterbewegung. Neben der
Stadtkapelle gab es die Kapelle „Harmonie", die in den 20ger Jahren gegründet
wurde.27 Der Arbeitersängerbund „Sängerlust" (Vors. August Bruder jg.)28
stand dem bürgerlichen Männergesangverein „Frohsinn" (Vors. bis 1928
Gustav Burger, danach Stadtrechner Zentner)29 gegenüber und hatte noch den
Vorteil, daß er auch den Frauen offenstand. Es kam jedoch öfters zu gemeinsamen
Konzerten, da beide Chöre von demselben Dirigenten, Schwanenwirt
Neumayer, geleitet wurden. Zwei ausgesprochene Arbeitersportvereine waren
der „Arbeiter-Rad- und Kraftfahrbund .Solidarität'" (Vors. Theodor Brucher
)30 und der Athletikclub „Einigkeit" (Vors. bis 1931 Georg Hug, danach
A. Bea)31, die 1933 auch sofort aufgelöst wurden. Der Touristenverein „Naturfreunde
", der dem Schwarzwaldverein des Bürgertums entsprach, trat zumeist
durch Sonnwendfeiern und durch die Naturfreundehäuser hervor, von
denen sich eines in Nordrach-Ernsbach befand. Sein Motto war „Mit uns
zieht die neue Zeit". (Obmann: Albert Graber).32 Sogar eine Ortsgruppe sog.
„Kriegsteilnehmer" (Vors. Thomas Kopp)33 trat 1929 hervor, die sich in bewußten
Gegensatz zum reaktionären „Militär- und Kriegerverein" stellte.
Diese eng geknüpften Beziehungen der Arbeiter untereinander sorgte für Solidarität
in den Krisenzeiten 1931—1933, verhinderte aber nicht, daß die Anhänger
von SPD und KPD sich gegenseitig beschimpften: „Sozialfaschisten"

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