Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 431
(PDF, 91 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0431
Im Jahre 1926 beantragten SPD und KPD ein Volksbegehren zur Enteignung
der ehemaligen Fürsten des Deutschen Reiches. Der Volksentscheid fand am
20. 6. 26 statt. Nur die Ja-Stimmen hatten Bedeutung: Wenn die absolute
Mehrheit der Wahlberechtigten mit Ja stimmte, war das Enteignungsgesetz
angenommen. In Zell stimmten von 1293 Wahlberechtigten 648 mit Ja; das
sind 50,1 %, d.h. weit mehr als SPD und KPD bei den letzten Wahlen erzielt
hatten. Dieses Ergebnis ist ein klarer Beleg dafür, daß ein beträchtlicher Teil
der Zentrumswähler für Forderungen nach Sozialisierung aufgeschlossen waren
; es handelte sich dabei wahrscheinlich um den Arbeitnehmerflügel.

1928 beantragte die KPD ein Volksbegehren gegen den Bau eines Panzerkreuzers
. Dies war eine taktische Maßnahme gegen die SPD, die zwar den Panzerkreuzerbau
ablehnte, aber in der Regierung vertreten war, die ihn durchführen
wollte. Sie erreichte aber keine 10% der Wahlberechtigten, die notwendig waren
, um einen Volksentscheid durchzuführen. Ja, selbst viele Kommunisten
trugen sich nicht in die Unterstützungslisten ein. In Zell unterstützten von den
49 KPD-Wählern nur 15 das Begehren; diese Zahl dürfte wohl auch den harten
Kern der KPD-Ortsgruppe darstellen.

Erfolgreicher waren ein Jahr später die Rechtsparteien, die ein Volksbegehren
gegen den Young-Plan, das sog. „Freiheitsgesetz" durchbrachten. In Zell
allerdings trugen sich nur 11 Wahlberechtigte in die Liste ein, genau soviel wie
bei der Landtagswahl 1929 die NSDAP wählten. Beim Volksentscheid betrug
die Zahl der Ja-Stimmen 44 oder 3,2% der Wahlberechtigten.

Wahlkampf

Einen Wahlkampf der 20er oder frühen 30er Jahre muß man sich lebhafter
und wesentlich ungeordneter vorstellen als heute. In der Zeit vor den audiovisuellen
Medien bestimmten Versammlungen, Flugblätter und Aufmärsche
das Bild. Es war selbstverständlich, daß die Versammlungen vom jeweiligen
politischen Gegner zur Gegenpropaganda benutzt wurden. Ja, man findet in
den Inseraten sogar Aufforderungen an die Konkurrenz zur Teilnahme. Am
7. 9. 30 laden die Kommunisten ihre Gegner, die Nationalsozialisten, zur Teilnahme
an ihrer Versammlung ein und gewähren ihnen 3/4 Stunde Redezeit.
Im selben Wahlkampf verbietet die SPD hingegen den Nationalsozialisten den
Zutritt zu ihrer Versammlung aufgrund von Ausschreitungen in Karlsruhe
und Offenburg gegen denselben Redner, den ehemaligen badischen Staatspräsidenten
Adam Remmele. Er war der prominenteste sozialdemokratische Redner
, der in Zell auftrat.

Der prominenteste Kommunist war der Reichstagsabgeordnete Torgier, der
1932 hier weilte. Die Zentrums-Prominenz aus Karlsruhe war vollständig bei
der Feier des 50. Todestages von Ritter von Büß am 29. 1. 31 oder beim
400jährigen Jubiläum des Kapuzinerordens am 3. 7. 28 an der Seite von Erz-

431


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1987/0431