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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
67. Jahresband.1987
Seite: 438
(PDF, 91 MB)
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von 160000 RM gehabt habe. Darauf entgegnete ihm ein Arbeiter, er sei der
Überzeugung, daß die Firma ohne Profit zu haben, den Betrieb stillegen und
nicht weiter arbeiten Hesse. Ebenso glaube er auch nicht an den Verlust von
160000 RM. Auf diese Entgegnung entließ der Fabrikant Haiß den Arbeiter
fristlos. Seine Begründung lautete: Grobe Beleidigung!

Im Interesse der Wahrheit muß festgestellt werden, daß Seine Unfehlbarkeit
Herr Haiß auch nicht immer oder sehr wenig seinen Arbeitern glaubt. Wenn
natürlich seine Herrlichkeit den Arbeitern nicht glaubt, so ist das für letztere
keine „grobe Beleidigung", aber umgekehrt. Nun sollte man denken, daß die
Arbeitervertreter sofort schärfste Verwahrung dieses Vorgehen des Fabrikanten
eingelegt hätten, aber weit gefehlt. Sie kuschten und duckten sich. Ihre Führer
hatten es ihnen so durch ihre Presse eingehämmert und jeden Kampfwillen getötet
. Sie wanden sich auf sehr ungeschickte Weise aus dieser Angelegenheit:

,Der Betriebsrat ist bereit, insofern Sie ein Gesuch anher einreichen, bei der
Firma sich für sie zu verwenden, um zu versuchen, im Rahmen des Möglichen
lindernd für Sie tätig zu sein.'

,Nach den Verhandlungen teilen wir Ihnen mit, daß die Urlaubsentschädigung
in Waren auch Ihnen zusteht, jedoch für weitere Zusagen momentan nichts
erreicht werden konnte.'

So heißt es recht lakonisch in zwei Erklärungen des Arbeiterrates der Firma
Schmider an den fristlos gekündigten Arbeiter. Hätten sich die Betriebsräte
zur rechten Zeit gegen die fristlose Kündigung gewendet, so wäre dem entlassenen
Arbeiter die Möglichkeit gegeben gewesen, das Arbeitsgericht entscheiden
zu lassen. Wenn man aber eine derartige Angst vor dem Fabrikanten hat,
kann man verstehen, daß die Betriebsräte diesem nicht aufs Füßchen treten
wollten.

36 Tage Sperrfrist verhängt das Arbeitsamt Offenburg gegen diesen Arbeiter,
der Frau und zwei Kinder zu ernähren hat. Fabrikant Haiß verlangt von den
Arbeitern Verständnis für seine Lage, trotzdem ihm es noch möglich ist, auf
die Jagd zu gehen, Vergnügungen sonstiger Art zu frönen, der auch noch
nicht mit zerrissenen Kleidern und Schuhen herumzulaufen und auch nicht zu
hungern und zu frieren braucht, hat er selber das kleinste Verständnis für die
Lage seiner Arbeiter. Weil sich dieser Herr gekränkt fühlt, schmeißt er einen
Familienvater brutal auf die Straße, wodurch das Arbeitsamt erst eine rechtliche
Handhabe zur Verhängung einer längeren Sperrfrist bekommt und nun
die Gemeinde diesen Arbeiter unterstützen muß.

So sehen wir, daß dieser Herr seine Interessen und Rücksichten sehr wohl zu
wahren weiß, auch auf Kosten der Gemeinde.

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