http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1988/0335
Die Stärkung der Organisation der Partei (jetzt: „FDP") im Landkreis blieb
ein immer aktuelles Anliegen. Neben den drei Ortsvereinen in Hornberg,
Gutach und Schiltach hatte sie in einer Reihe von Gemeinden Vertrauensleute,
die als Ansprechpartner z.B. für politische Versammlungen dienten. Allgemein
war damals die Klage, auch in den anderen Parteien, daß „vor allem die
Jungen sich nicht zur Mitarbeit bereitfinden" und sich nur für „Sport und
Tanz" interessierten. Die FDP tat sich auch schwer, in dem von ihr besonders
angesprochenen Mittelstand engagierte Mitarbeiter zu finden: „Wer ein Geschäft
hat, will keine politische Arbeit leisten. Kritisieren und kein Opfer bringen
, ist für viele leichter".52 Um so erfreulicher war im März 1949 die
Mitteilung des Bahnbeamten F. Höllstern aus Haslach, sich dort um die Bildung
einer Ortsgruppe zu kümmern, die dann im Mai stattfinden konnte. Die
Propagierung der Parteizeitung „Das Neue Baden" war auch öfters angebracht
, wiewohl sie 1949 im Landkreis genau 221 Abonnenten besaß, davon
allein 69 in Schiltach.
Im Mai 1949 wurde G. Trautwein von einem Mitglied des Landesvorstandes
der „Europa-Union" mit dem Ziel besucht, ihn für den Gedanken eines europäischen
Bundes zu gewinnen, „in welchem es keine Wirtschafts- und Verkehrsbeschränkungen
mehr gibt".53 Selber deren Organisation im Kreis
Wolfach zu übernehmen, lehnte er aus Arbeitsüberlastung ab, benannte aber
eine Reihe von Persönlichkeiten, die die Europa-Union ansprechen konnte.
Der Landrat des Kreises Wolfach, L. Hess, lud diesbezüglich zu einer Besprechung
am 13.6. ein, an der auch die Kreisvorsitzenden der CDU, FDP und
SPD teilnahmen. Er betonte, „daß Deutschland nur durch den Zusammenschluß
der europäischen Völker wieder hochkommen könne, da ein Festhalten
an nationalistischen Tendenzen unweigerlich zu einem neuen Kriege führen
müsse... Ein einiges Europa sei notwendig, um gegen die heute herrschenden
zwei Großmächte Amerika und Rußland auch mitsprechen zu können." In der
anschließenden Diskussion konnte G. Trautwein seine Skepsis nicht verhehlen
, wiewohl er, als früherer Angehöriger des Reichsbanners, das schon vor
1933 die Verständigung mit den Westmächten gesucht hätte, den Gedanken als
solchen begrüßte. Im Augenblick war für ihn die Bildung des Südweststaates
wichtiger, man solle jetzt nicht einen Schritt zuviel machen. Andere der Beteiligten
waren optimistischer und meinten, „daß ein einiges Europa die Bildung
eines Südweststaates erspare". Mit dem Landrat an der Spitze wollte man dann
demnächst die Europa-Union in einer öffentlichen Versammlung in Wolfach
ins Leben rufen.54
Wie seine Partei als Ganzes, so war auch G. Trautwein zutiefst davon überzeugt
, daß der Anschluß Badens an Württemberg aus Gründen der Lebensfähigkeit
unumgänglich sei. Als Schiltacher, dessen Heimatstadt erst 1810 von
Württemberg an Baden gekommen war, sprachlich, konfessionsmäßig und auf
Grund der wirtschaftlichen Beziehungen auch in Württemberg zu Hause, fiel
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