http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0077
was die pragmatischen Römer zunächst an Mitteleuropa interessierte; darüber
hinaus müssen wir in Tarodunum auch ein politisches Zentrum sehen,
den Zentralort eines keltischen Stammes oder Teilstammes, der den Breisgau
bewohnte. Nach dem bisherigen Forschungsstand war Tarodunum eine
der größten Siedlungen in Südwestdeutschland.
Besonders die Münzen, die Glasfunde und die Randstücke der Amphoren
(Typ ,,Dressel I A") zeigen, daß die Siedlung wohl in der ,,späten Mittella-
tenezeit" (Latene C 2, etwa 150/120 v. Chr.?) beginnen dürfte und vielleicht
bis gegen 50 v. Chr. existierte. Spätere Funde (etwa bestimmte Typen von
Münzen wie auf dem Münsterhügel von Basel) fehlen völlig; auch gibt es
keine Amphorenscherben der frühen Römischen Kaiserzeit (der sog. Typ
,,Dressel I B", etwa zur Zeit des Augustus).
Vereinzelte kleine Terra-sigillata-Scherben, einige Stücke von Melonenperlen
und ein Spielstein aus dunklem Glas sind wesentlich jünger und haben
keinen Zusammenhang mit der Latenesiedlung. Sie gehören in die provin-
zialrömische Phase und zeigen wohl nur eine Begehung oder vielleicht landwirtschaftliche
Nutzung des Areals an. Zu dieser Zeit lagen im Randbereich
der Siedlung offenbar zwei kleinere römische Gehöfte (eines davon im heutigen
Neubaugebiet des Ortes Zarten).
Einzelne Kelten mögen nach der Aufgabe der Großsiedlung weiterhin im
Dreisamtal gesiedelt und die Kontinuität des Ortsnamens über die römischen
Bewohner weiter ins Mittelalter überliefert haben. Für die Namenskontinuität
braucht man nun nicht mehr die zerfallende Befestigung (die auf
anderen Gemarkungen - Kirchzarten-Burg und Buchenbach — liegt) und
die dortigen römischen Siedlungsstellen bemühen. Der Ortsname ist hingegen
fast an derselben Stelle geblieben, bis auf den heutigen Tag. Dieses bemerkenswerte
Beispiel einer Kontinuität ist kaum zu erklären, da bisher
spätrömische oder alemannische Funde ausfallen. Dafür müssen wir wohl
im wesentlichen die schlechten Erhaltungsbedingungen und die Überbauung
der Ortsbereiche von Zarten und Kirchzarten in Rechnung stellen. Vielleicht
hilft uns hier eines Tages noch ein glücklicher Fund weiter.
Weshalb die keltische Siedlung etwa um 60/40 v. Chr. einfach aufgegeben
wurde, wäre noch zu fragen. Und was hat es nun mit der Befestigung auf
sich? Im Winter 1987/1988 erbrachten die Begehungen dort eine einzelne
keltische Fundstelle mit Grob- und Feinkeramikscherben und einem kleinen
Glasarmringstück, vermutlich handelte es sich nur um eines der kleinen
Gehöfte, wie sie inzwischen an vielen Stellen des Tales nachweisbar sind.
Nach einem 1987 von Gabriele Weber und Rolf Dehn durchgeführten Wallschnitt
scheint es, daß die Befestigungsanlage überhaupt nicht fertig gebaut
war. Offenbar hatten die letzten Kelten geplant, ihre große Siedlung an einen
geschützteren, besser zu befestigenden Platz zu verlegen. Hierzu muß-
77
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0077