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Die Markgrafen von Baden als Markherrn
Nach den Herren von Großweier waren die Herren von Seideneck die
Markherrn der Großweierer Mark. Als diese 1583 mit Jakob von Seideneck
ausstarben, zog Markgraf Philipp von Baden die Herrschaft Großweier als
erledigtes Lehen ein. Außerdem erwarb er von den Erben die gesamten Al-
lodialgüter. Der Markgraf übte demnach eine doppelte Funktion aus. Für
die Herrschaft Großweier hatte er die Gerichtshoheit, ihm unterstand ,,das
Hofgericht zu Großweier". Als Markherr hatte er die Aufgabe, das Markgericht
zusammenzuberufen und zu leiten. Ihm fielen auch die vom Gericht
verhängten Strafen zu. Allerdings lange blieb der neuerworbene Besitz
nicht in markgräflichen Händen, denn 1590 verkaufte ihn der verschwenderische
Markgraf Eduard Fortunatus an seinen Kanzler Johannes Aschmann,
allerdings unter der Bedingung der Wiedereinlösung. Sie muß noch vor
1599 erfolgt sein. Danach lag die Verwaltung der Herrschaft Großweier und
der Mark in den Händen eines vom Markgrafen eingesetzten Amtmannes
oder Burgvogtes, der seinen Amtssitz in der Burgvogtei im Schloß hatte.
In den folgenden Jahren gab es immer wieder Streitigkeiten mit dem Hochstift
Straßburg, das die Landesherrschaft vom Dreifürstenstein bis Malg-
hurst über das ganze Sasbachtal besaß und das die Markherrschaft über die
obere Mark für sich beanspruchte. Durch den Dreißigjährigen Krieg und
die Kriege Ludwig XIV. wurden die Auseinandersetzungen unterbrochen.
Sie entbrannten erst wieder, als der vom französischen Staatsdenken beeinflußte
Kardinal Armand Gaston de Rohan-Soubise Bischof von Straßburg
wurde. 1727 kam es zu einem Vergleich49 zwischen ihm und dem Markgrafen
Ludwig Georg, dem Sohn des Türkenlouis. In dem Vergleich wurde
der Markgraf von Baden als Obermarkherr und der Bischof von Straßburg
als Mitmarkherr bestimmt. Außerdem wurde vereinbart, daß das Markgericht
von zwei Kommissaren abgehalten werden soll, einem markgräflichen
und einem straßburgischen. Die Markzwölfer, Markknechte und Bannwarte
werden auf beide Herren vereidigt. Der Amtsschreiber wird von Baden gestellt
, Straßburg ernennt dafür einen Aktuar. Alle Einkünfte der Mark werden
im Verhältnis 3 : 1 geteilt, und zwar erhält Baden drei Teile, Straßburg
einen Teil. Der Vertrag wurde von beiden Seiten ratifiziert.
Das Markgericht wurde in der durch die Markgerichtsordnung festgelegten
Weise wie früher in Achern unter der Noppenlinde abgehalten.50 Die Ausschreibung
erfolgte durch die Markgrafschaft Baden als den Obermarkherrn
, nachdem sie zuvor mit der straßburgischen Regierung korrespondiert
hatte. Den Vorsitz führten die beiden Kommissare. Der badische führte
das Direktorium und hatte den Vorrang vor dem bischöflichen. Gerichtsschreiber
war der Amtsschreiber von Bühl, dem ein bischöflicher zur Seite
trat.
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