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ren Onkel abschreiben ließ und die für Straßburg bestimmten Geld-, Brief-
und Flugschriftensendungen manchmal an jedem zweiten Tag in der Woche
über den Rhein gingen, kann man sich vorstellen, welcher Betrieb in ihrem
Hause herrschte. Auf den Übergangsstellen lief 4 oder 5mal wöchentlich
reichlich Post, oft in ganzen Paketen mit Broschüren, Karten, Plänen wieder
zurück! Sie kümmerte sich auch in Zusammenarbeit mit den Agenten um
die Schiffsleute und Fischer, die ja sorgfältig ausgesucht, aber wie alle
Agenten und Helfer auch bezahlt werden mußten. In ihrem praktischen Verständnis
bewilligte sie auch solche notwendigen Dinge, wie den Bau kleiner
Boote für die Überfahrt über den ,,Kleinen Rhein". Und ,,Diogenes", wie
ihr Deckname lautete, besorgte auch den Transport der Pakete mit Broschüren
, Pamphleten, Liedern nach Basel zu Wittersbach (Baron von Thor),
dem österreichischen Korrespondenten und elsässischen Emigranten, zur
Einschleusung bei den französischen Truppen.
Als Sekretär und Kopist war zuerst ein Cure tätig, im Frühjahr 1796 etablierte
sich dann ein förmliches Büro Reich, in welchem die Agenten Mont-
gaillard, Fauche-Borel, Courant und Ollery arbeiteten.
Baronin Reich: Präsidentin des Offenburger Klubs , ,Les federes "
Wahrscheinlich bildeten Büromannschaft und auch Priester, wie beispielsweise
der Abbe Zaepfel, und andere Emigranten sowie die Baronin von
Ried, ebenfalls eine Nichte von Klinglin, den Klub ,,Les federes", den die
tüchtige und wohl auch ehrgeizige Baronin Reich gebildet hatte und dem sie
zunächst auch präsidierte. Möglicherweise war auch die Familie von Serpes
de La Fage in diesen Kreis einbezogen, wie sich auch Klinglin seines Großneffens
und Neffens der Baronin Reich, Auguste de Serpes, cadet, als Sekretär
bediente. 1815 erinnerte man sich auch wieder des Straßburger Abbes
Jägle, der 1804 mit anderen Emigranten verhaftet und wieder freigelassen
wurde. Nun bat der Präbendar am 6. April um Gestattung des zeitweiligen
Aufenthaltes: ,,Als einem Mann, 'von dem keine Gefährde zu befürchten',
möge ihm ausnahmsweise der zeitliche Aufenthalt in Offenburg gestattet
werden, er wolle sich durch seine Entfernung aus Straßburg den Ausfällen
eines zügellosen Pöbels entziehen." Kreisdirektor Freiherr von Sensburg
teilte diese Befürwortung nicht, denn am 7. April schrieb er privat an den
Herrn Staatsrat:
„Hier ist der Sammelplatz aller Emigranten und wenn man anfängt, einen zu dulden, so
kann man es mit Consequenzen den anderen etc. etc. Diese Leute besetzen die besten Quartiere
, wie bringt man die zu erwartenden Truppen unter?
Dem Stadt- und Landamt Offenburg wird mit Bezug auf das Ministerialreskript vom
25. März 1815 eröffnet, daß die Ausweisung Jägles schon beschlossene Sache ist. Jenes unterscheide
nicht zwischen gezwungener und freiwilliger Emigration, es habe zu Anfang der
Revolution nur freiwillige Emigranten gegeben.
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