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len sozialen Schichten, aus dem Nürnberger Bürgertum nicht weniger als
aus dem Hochadel kamen, und vermerkt die Einnahmen, die er zum Entgelt
bekommt. Daß er um eine poetische Replik auf das Gedicht einer Prinzessin
gebeten wurde und daß man ihm nun im Detail nahelegte, wie im folgenden
Brieftext, in welchen Worten und Wendungen er den Schmerz der
württembergischen Prinzessin ausmalen, aber auch ihr poetisches Geschick
loben sollte, dürfte doch eher ein Ausnahmefall sein, der immerhin erweist,
welche Bedeutung repräsentative Traueroden und der Beifall eines anerkannten
Poeten für manche Fürstenhäuser haben konnten.
Die Herausgeber der frühen Tagebücher von Birkens vermuten sicher zu
Recht, daß es sich bei dem Mittler zwischen dem Hof in Stuttgart und dem
Nürnberger Auftragspoeten um jenen Christian Friedrich von Crailsheim
handeln muß, der im Bericht über eine Gesandtschaftsreise im Jahr 1661 genannt
wird.23 Denn Christian Friedrich von Crailsheim, ein weiterer Vetter
des Krafft von Crailsheim, hatte nachweislich gute Beziehungen zum Hof
Eberhards III. Er hatte 1649 eine Kammerjungfrau aus dem Hofstaat von
Sophia Luise, eben jener Prinzessin von Württemberg geheiratet.24 Ehrgeizig
, wie er seinem gesamten Lebenslauf nach gewesen sein muß, suchte er
offenbar den Wünschen der Gebieterin seiner Ehegattin nachzukommen.
Auch dieses darf man als Hinweis nehmen, daß er im Jahr zuvor, 1658, ein
Haus in Ansbach kaufte, das zum Besitz eines württembergischen Prinzen
gehört hatte.25
Das Gedicht der siebzehnjährigen württembergischen Prinzessin Sophia
Dorothea war bisher nicht aufzufinden. Zwar hat sich die Leichenpredigt
auf ihren verunglückten Bruder Johann Friedrich erhalten, doch das einzige
bisher nachweisbare Exemplar enthält nur die Leichenpredigt selbst, kein
Gedicht.26 Doch konnte ich das in Auftrag gegebene Gedicht Sigmunds
von Birkens finden.27 Von Birken hat die von ihm für Gelegenheitsgedichte
allgemein bevorzugte Form des Hirtengesprächs gewählt, des Dialogs in
Versen zwischen zwei Schäfern, Dämon und Möris. Sie bringen den
Schmerz der Schwester des Prinzen zum Ausdruck und preisen in rhetorischen
, der Bibel entlehnten Tönen die junge Dichterin in Stuttgart:
,,Aber ach ein Schwester-Schmerz / ob dem Bruder wird vernommen
Zehnde Musa / Andre Saffo! süssers hat kein Ohr gehört /
Schöners hat kein Mund gesungen / höher ward kein Prinz geehrt /
So ein Lied / kond eure Lieb und sein Lob unsterblich machen /
Zwar schon lang pflegt euer Hauß (diß sind ihm gemeine Sachen
Kunst-Göttinnen zu gebähren .. .)"27
Man darf annehmen, daß Christian Friedrich von Crailsheim und der Hof
in Stuttgart mit dem Nürnberger Dichter zufrieden waren.
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