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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 441
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plätzen herrschte Mangel, nur zwei Kunstmühlen und eine Borstenfabrik in
Müllen boten einigen Männern Beschäftigung.10

Wilhelm Kasper besuchte bis zum 8. Schuljahr die Nußbacher Volksschule,
danach noch zwei Jahre die Fortbildungsschule. Er war ein überdurchschnittlich
guter Schüler. Nußbach war Hauptort des Kirchspiels, zu dem
damals noch Zusenhofen, die selbständige Gemeinde Herztal-Meisenbühl
sowie Diebersbach und Schlatten gehörten. Nußbach votierte traditionell
für das Zentrum und galt als Bastion der ,,Ultramontanen".11 Mit der Wahl
von Josef Engelhard, einer überragenden Persönlichkeit, zum Bürgermeister
1909 und zum Landtagsabgeordneten 1913 (bis 1933) verstärkte sich der
Einfluß der Zentrumspartei noch. Die christliche Erziehung, aber auch das
Erlebnis der ,,Widerstandssituation", in der sich die Katholiken seit dem
Kulturkampf befanden, haben Wilhelm Kaspers Denken entscheidend
geprägt.

Mit seinen Altersgenossen muß Wilhelm Kasper 1911 zum Militär einrücken
. Der Militärdienst galt als notwendiger „Initiationsritus", um als
vollwertiges Mitglied in die Männergesellschaft aufgenommen zu werden.
„Wer nicht beim Militär war, wurde als Mensch zweiter Klasse angesehen
."12 Der Militarismus war darüber hinaus Begleiterscheinung des europäischen
Imperialismus. Kasper leistete seine Dienstzeit beim Infanterieregiment
Nr. 113 in Freiburg ab.

Vom dekorierten Weltkriegskämpfer zum Pazifisten

Bei Kriegsausbruch im August 1914 kam Kasper mit dem Infanterieregiment
170, das in Offenburg stationiert war, ins Oberelsaß, dann nach Lothringen
und nach Nordfrankreich. Auch die Nußbacher Soldaten zogen singend und
jubelnd in den Krieg, weil sie glaubten, das Vaterland verteidigen zu müssen
. Auch Wilhelm Kasper dürfte da zunächst keine Ausnahme gemacht haben
. Nach den ersten Schlachten an der Westfront wird Kasper mit dem
Infanterieregiment 250 nach Rußland verlegt, wird aber nach einer Magenerkrankung
im Mai 1915 wieder an die Westfront beordert. Kasper scheint
von keinem der Schrecken des Krieges verschont worden zu sein, er wird
mit dem EK II und der Badischen Verdienstmedaille ausgezeichnet.13
Kasper ergibt sich jedoch nicht wie viele seiner Frontkameraden fatalistisch
dem Schicksal, sondern beginnt die gemachten Erfahrungen kritisch zu verarbeiten
. Glaubte er früher, sich für das Vaterland opfern zu müssen, so
mußte er erkennen, daß auf dem Altar eines blinden Nationalismus täglich
Tausende von Menschen sinnlos dahingeschlachtet wurden. Lange, bevor
die Matrosen in Kiel meutern, macht Kasper seine „private Revolution":
Er kehrt im Frühjahr 1918 von einem Genesungsurlaub nicht mehr zu seinem
Regiment nach Mannheim zurück. Er wird in Nußbach von den Feld-

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