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sekretär der Abteilung IV „Gesundheitswesen und Volkspflege" und ab
1939 Reichsärzteführer der NSDAP, sowie Herbert Linden, vom Ministerium
für den Sonderauftrag an die Kanzlei des Führers freigestellt, vertreten.
Der Jurist Bohne war Leiter der ,,RAG". Als medizinischer Leiter und
Stellvertreter von Brandt wurde der Arzt Werner Heyde eingestellt.79
Dreißig Ärzte begutachteten die zurückgesandten Meldebogen. Jeweils drei
prüften denselben Bogen; sie entschieden über Leben und Tod aufgrund der
wenigen in den Meldebogen enthaltenen Daten.80
Gleich zu Beginn der Meldebogenaktion legte die Organisation eine Richtzahl
vor. Sie strebte an, etwa 20 % der Anstaltsinsassen zu vernichten; das
waren ungefähr 70000 Menschen. Nachdem dieses Plansoll im August 1941
erreicht war, hielt die Vernichtungsmaschinerie kurze Zeit inne, um sich
neu zu organisieren.81
Der inzwischen sehr deutlich ausgesprochene Protest einiger weniger Vertreter
der evangelischen Kirche und der katholischen Kirche gegen die Vernichtungsaktion
hat die Neuorientierung sicherlich mit bewirkt.82
Mitte 1940 gab es auch einen Versuch des Reichsjustizministers Gürtner,
die „Euthanasie" gesetzlich abzusichern. Eine Kommission erstellte einen
Entwurf. Dieser blieb jedoch unverwirklicht, weil außenpolitische Gründe
und kirchliche Widerstände dagegen standen.83
Die „Euthanasie" dehnte sich ab April 1941 unter dem Decknamen „Aktion
14 f 13" auf Konzentrationslager aus. Ihr fielen vor allem arbeitsunfähige
, unbequeme oder erschöpfte Häftlinge zum Opfer.84 Personell besteht
eine enge Verbindung zwischen der „T 4-Zentrale" und Konzentrationslagern
, denn viele Mitarbeiter der T4 wurden als Vernichtungsexperten ab
Januar 1942 bei der sogenannten „Endlösung der Judenfrage" eingesetzt.85
Mit dem vorgegebenen Stop der „Euthanasie-Aktion" war die Vernichtung
behinderter Menschen nicht beendet. Sie wurde dezentral in einigen Anstalten
durch Verhungernlassen oder Spritzen von Medikamenten weitergeführt
.86
Die ,,Euthanasie" in der Filmpropaganda
Entsprechend der Propagierung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken
Nachwuchses" durch Ausstellungen und Filme sollte auch die „Euthanasie
" nach und nach im Denken der Bevölkerung verankert werden. Wie der
Zuschauer zuvor durch die Propagandafilme von der Richtigkeit und Notwendigkeit
auszuführender Sterilisationen überzeugt werden sollte, so war
1939/40 daran gedacht, Filmdokumente über die „Aktion T4" herzustellen
. Dabei sollte der Ablauf vom Ausfüllen des Meldebogens über die Begutachtung
bis hin zur Vernichtung filmisch dargestellt werden.87
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