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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
70. Jahresband.1990
Seite: 480
(PDF, 137 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0480
Der zweite Transport aus Kork

Doch die Planungen für weitere Vernichtungen liefen. Am 14. Oktober 1940
kam die Ankündigung für den 2. Transport. Diesmal standen 101 männliche
und weibliche Pfleglinge auf der Transportliste.124 Meerwein informierte
sofort Ziegler, den Vorsitzenden des Landesausschusses der Inneren Mission
. Mit ihm zusammen sprach er bei Dr. Sprauer vor. Inzwischen hatte
man über Bodelschwingh die Information erhalten, daß es aus Berlin eine
Zusage gebe, „arbeitsfähige" Personen zukünftig nicht mehr zu verlegen.
In der Verhandlung mit Dr. Sprauer gelang es Direktor Meerwein auszuhandeln
, daß von den 101 Personen schließlich 43 Personen auf der Liste
blieben. Sprauer hatte zunächst vorgeschlagen, arbeitsfähige durch nicht
arbeitsfähige Personen auf der Liste zu ersetzen. Meerwein erklärte jedoch,
daß er sich auf dieses Tauschgeschäft nicht einlassen wolle. Als die Transportbusse
am 23. Oktober 1940 nach Kork kamen, weigerte sich Meerwein,
die 43 auf der Liste verbliebenen Personen zu den Bussen bringen zu lassen
. Daraufhin ging der Transportleiter mit seinen Leuten in die Abteilungen
, ließ sich die Pfleglinge vorstellen und sie durch seine Leute in die
Busse bringen.125

Über diese auf einer Zeugenaussage Meerweins basierenden Darstellung
der Ereignisse in Kork am 23. Oktober gibt es noch eine mündliche Überlieferung
, nach der Pfarrer Meerwein vor dem Hauptgebäude mit dem
Transportleiter nochmals um einzelne Pfleglinge gehandelt haben soll. Dabei
sollten Pfleglinge durch Säckeheben und der Lösung von Rechenaufgaben
ihre Arbeits- bzw. Bildungsfähigkeit unter Beweis stellen.126 Denn
eines war — anders als beim ersten Transport — allen Beteiligten in dieser
belastenden Situation klar: Wer in den Bus kam, mußte sterben. Wie beim
ersten Transport wurde auch diesmal die Anstaltsleitung über den Tod der
Pfleglinge von deren Angehörigen informiert.

Kork wurde nicht von weiteren Deportationen betroffen. Dennoch liefen die
Aktionen weiter. Am 7. November 1941 waren auch T4-Ärzte in Kork, um
sich vor Ort über Pfleglinge zu informieren.

Außer den auch weiterhin einzureichenden Meldebogen bei Neuaufnahmen
wurde die Korker Anstalt nicht mehr von der „Aktion T4" berührt.127

Gedanken, Taten, Vernichtung — „Wo bringt ihr uns hin?"

An die Deportation und Ermordung von 113 Menschen aus Kork im Jahre
1940 zu erinnern war Ausgangspunkt für die Vorbereitung der Ausstellung,
die zwischen dem 20. Mai und dem 31. Oktober 1990 in Kork gezeigt wird,
und der Begleitbroschüre. Am 28. Mai und am 23. Oktober 1940 wurden
Menschen mitten aus dem Leben in Kork weggeholt und in den Tod gebracht
.

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