http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1990/0560
Den Menschen das geben, was sie brauchen — so entstehen erfolgreiche
Zeitschriften. So entstehen aber auch Mäzenatentum, freiwillige betriebliche
Altersversorgung für die Mitarbeiter (seit 1953!) — oder, mag es auch
paradox klingen, Feste, über die alle Welt sprach, wie die Bambi-Feiern
oder der Bai pare. So kommt es zu stundenlangen Diskussionen zwischen
dem Unternehmer und dem ehemaligen IG-Metall-Chef Eugen Loderer, der
oft in Offenburg war, oder zum Holdereck, jener wohl nur im Geist des „sozialen
Erfindens" möglichen Form, einen Arbeits-,,Kampf' auszutragen.
Ende April 1976 standen in ganz Deutschland die Druckmaschinen. Die
Umstellung auf neue Satztechniken machte den Beruf des alten Bleisetzers
obsolet. Die Gewerkschaft wollte Arbeitsplatzgarantien tarifvertraglich
festschreiben, die Unternehmer keine „Heizer auf der E-Lok". In einer der
härtesten Auseinandersetzungen der Druck-Tarifgeschichte wurde gestreikt
und ausgesperrt. Obwohl in Offenburg nicht gestreikt wurde, ließ der Senator
die Produktion ruhen, um nicht zu Lasten bestreikter Konkurrenten Wettbewerbsvorteile
zu erzielen. Statt dessen feierte er mit fast 3.000 Mitarbeitern
auf dem Holdereck die „ungewöhnlichste Maifeier, die es je gab".123
So kommt es zu Sonntag-Morgen-Matineen mit Sängern wie Rene Kollo
oder Fritz Wunderlich, die Glanzpunkte der Offenburger Kultur waren,
aber auch zur Bereitschaft, für die Interessen der Mitbürger zu kämpfen,
wenn es notwendig war.
Dr. Franz Burda hatte sich vor der Baden-Abstimmung am 7. Juni 1970 für
ein vereintes Baden-Württemberg engagiert. Die Regierung in Stuttgart bevorzugte
danach allerdings nach Meinung vieler Ortenauer die Freiburger
Region zu Lasten Mittelbadens. Da schrieb der Senator einen offenen Brief
an den Ministerpräsidenten Hans Filbinger: „Mit zunehmender Sorge beobachte
ich die Diskussion über die künftige Entwicklung meiner engeren
Heimat... Selbst in der Ottenau, dem ,altbadischen Urkanton', hat man
sich mit überraschender Mehrheit für Baden-Württemberg eingesetzt, hat
auf uns beide letztlich gehört..." Jetzt sei „man bitter enttäuscht, daß der
erklärte Wille der mittelbadischen Bevölkerung in Stuttgart nicht so gewertet
wird, wie man erwarten darf... Ich appelliere daher als Mitstreiter für
ein gemeinsames Baden-Württemberg, als Ehrenpräsident der Industrie-
und Handelskammer Mittelbaden, als Ehrenbürger meiner Heimatstadt
Offenburg, nicht zuletzt als ein Unternehmer, der Verantwortung für Tausende
von Mitarbeitern trägt, an Sie, diesem mittelbadischen Raum jene Eigenständigkeit
zu geben, die es ihm ermöglicht..., daß er die ihm nach
seinen natürlichen Voraussetzungen und dem Potential seiner ständig wachsenden
Bevölkerung gestellten Aufgaben in der Zukunft zu erfüllen
vermag."124
1970 hatte das Unternehmen Burda Produktionsstätten in Offenburg und
Darmstadt, einen Verlag in München125 und schickte sich an, in den USA
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