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Es ist anzunehmen, daß nur noch wenige der heute in Offenburg lebenden
Einwohner wußten, woher die Baulücke rührte, auch wenn die Luftangriffe
von Zeit zu Zeit in Erinnerung gerufen werden.8
Wie der jüngste Fund einer Phosphorbombe aus dem Zweiten Weltkrieg am
21. März 1989 zeigte, können auch in der Gegenwart noch Altlasten der damaligen
Bombenangriffe zu Tage treten.9
Trotz der Tatsache, daß der strategische Luftkrieg, insbesondere der
während des Zweiten Weltkrieges über Deutschland geführte, Gegenstand
ausführlicher Darstellungen geworden ist10, gab es bisher über die Operationen
, welche die Stadt Offenburg direkt betrafen, kein veröffentlichtes
Material.
Lediglich Publikationen, die sich ausschließlich mit den Kriegsereignissen
auf den Territorien der ehemaligen Länder Baden und Württemberg
befaßten", enthielten einige Informationen, die einen Rückschluß auf das
Ausmaß der Luftkriegsoperationen gegen das Stadtgebiet Offenburgs in den
beiden Weltkriegen zuließen.12 Im Gegensatz hierzu stehen die Auswirkungen
der beiden folgenschwersten Luftangriffe auf Freiburg. Dies war neben
dem deutschen Fehlangriff am 10. Mai 1940 der schwere Angriff durch
Bomber der Royal Air Force am 27. November 1944.13
Der Grund für die bessere Aufarbeitung dürfte neben der politischen Bedeutung
einerseits und der weitaus verheerenderen Wirkung andererseits
auch noch anderen Faktoren zugeschrieben werden. Freiburg ist nicht nur
Universitätsstadt, sondern auch Sitz des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes
; von diesen beiden wissenschaftlichen Einrichtungen geht naturgemäß
ein anderes Erkenntnisinteresse aus als von den Institutionen der mit
dieser Infrastruktur nicht ausgestatteten Kreisstadt Offenburg.
Das Thema des Luftkrieges wurde in der lokalen Presse anläßlich von Jahrestagen
des Datums 27. November 1944, dem Tag des schwersten Angriffes
auf das Stadtgebiet Offenburgs, immer wieder in das Bewußtsein der
Bürger zurückgerufen. Die darin gemachten Angaben über Stärke, Intention
und Auswirkungen des Bombenkrieges gegen Offenburg basierten jedoch
auf Schätzungen, da keine exakten Zahlen über die angreifenden
Kräfte und die zum Einsatz gekommenen Kampfmittel vorlagen, demzufolge
die bodenseitigen Beobachtungen im allgemeinen zu hoch lagen.14
Betrachtet man die Artikel, die sich in der Lokalpresse15 mit diesem Thema
befaßten, genauer, so kann man sich des Eindrucks, daß jedes Mal die
gleichen Fehler kopiert und weiter mystifiziert wurden, nicht erwehren.16
Dies gilt sowohl für die Anzahl der angreifenden Flugzeuge, deren Stärke
zwischen 200 und 300 Maschinen eingeordnet wurde, als auch für die Menge
der Abwurfmittel. Darüber hinaus wurde nie deutlich genug herausgear-
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