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aber im Licht der ihr mehrfach direkt und indirekt zugesprochenen hervorragenden
Stellung gut möglich, daß sie zeitweise die Funktion der Regelmeisterin
oder ihrer Beraterin53 innegehabt hatte. Dafür spricht die
Entgegennahme von Spenden durch sie (f. 164v/27—32, f. 229r/4f.), ihre
alle überragende Vornehmheit, der große Einfluß auf die Franziskaner, persönliche
Bekanntschaft mit hervorragenden Ordensmitgliedern wie Provin-
zialen und Lesemeistern (f. 151r/26—29, f. 177r/30—32) und ihre — wie
es scheint, privilegierte — Beziehung zum Marienkloster (f. 238r/22f.).
Allein aus den in der Vita berichteten Episoden wird deutlich, daß es sich
um eine in Offenburg bekannte Persönlichkeit handelte. Diese Bekanntheit
war schließlich einer der Gründe Gertruds, nach Straßburg zu übersiedeln.
Daß sie in Offenburg nicht nur bekannt, sondern wohl auch von gewissem
Einfluß war, läßt vor allem ihr Nachwirken annehmen.
Gertrud wurde feierlich auf dem Friedhof des Franziskanerklosters begraben
. Ihre Bedeutung für die Stadt wird von der genannten Erwähnung in der
Klosterchronik und durch den Hinweis auf den alle anderen weit überragenden
Grabstein bestätigt.
Eine Episode über ein Wunder an ihrem Grab (f. 165r/5—31 und f.
199r/27—30) könnte auf den Versuch der Franziskaner hindeuten, einen
frühen Kult um dieses zu etablieren. Tatsächlich scheint sie eine Zeitlang
als Offenburger Stadtpatronin verehrt worden zu sein, ohne daß aber von
kirchlicher Seite eine Selig- oder Heiligsprechung erfolgt wäre; ein Offenburger
Beginenhaus ist noch zwei Jahrhunderte später nach ihr benannt
(s.u.).
Nach Franz Vollmer ist eine mündliche Legendentradition bis heute in der
Gegend lebendig54.
Heilke von Staufenberg
Heilke von Staufenberg ist außerhalb von GvO bisher anscheinend nur einmal
nachgewiesen, nämlich in einer Gengenbacher Urkunde des Jahres
1302: Jungvrowe heillige I hern Andres seligen tohter/eins ritten von
Stofenberg55.
Es handelt sich dabei um einen Vertrag, in welchem vor dem Rat der Stadt
Gengenbach der Kauf der Erbleihe dreier Höfe in Gengenbach und dazugehöriger
Gülten, Zinse und Todfälle durch ,Heillige, Tochter des verstorbenen
Ritters Andres von Staufenberg', verbrieft wird. Verkäufer ist der
Gengenbacher Schultheiß Berthold und seine Schwester Luitgard (Lüggart).
Die Urkunde paßt gut in das Zeitgefüge der Lebensbeschreibung: Heilkes
Vater wird in dem Vertrag (August 1302) bereits als verstorben angegeben
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