http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0093
Zur kirchlichen Situation Offenburgs 1250—1300
1280 wurden zur Unterstützung des Pfarrklerus in seelsorglichen Angelegenheiten
durch den Rat der Stadt die Franziskaner nach Offenburg
berufen79. Im Dezember 1284 spendeten der Offenburger Altschultheiß
Heinrich und seine Frau den Brüdern zum Bau des Klosters ihren Steinbruch
in Fessenbach80.
Zu fragen ist in diesem Zusammenhang auch nach der Rolle des Offenburger
Dominikanerinnenklosters ,St. Marien'. Der Konvent ist urkundlich nur
einmal nachgewiesen, nämlich in einer päpstlichen Bulle anläßlich seiner
Inkorporation am 11. Juli 124681, also am Höhepunkt der Inkorporationswelle82
, die sich einerseits nach der Aufgabe des Widerstandes der Bettelorden
gegen die Aufnahme weiterer Frauengemeinschaften und andererseits
durch die Verfügungen des Papstes Innozenz IV. zur Inkorporation fast
aller Gemeinschaften, die darum baten, ergeben hatte.
Im Hinblick auf die allgemeine Entwicklung ist die Frage berechtigt, ob
nicht schon der Dominikanerinnenkonvent seinen Ursprung in einer beginen-
ähnlichen Frauengemeinschaft hatte83. Die ersten Straßburger Beginen
sind für 1243/44 nachgewiesen84, die ersten Basler Gemeinschaften setzt
Degler-Spengler um 1250 an, obwohl sie erst 1271 urkundlich faßbar werden
; sie „erscheinen [...] im allgemeinen erst dann in den Urkunden,
wenn sie eine gewisse Bedeutung im städtischen Leben gewonnen
haben".85
Es ist vor dem allgemeinen Zeithintergrund gut denkbar, daß der Konvent,
ähnlich den Klöstern Katharinental oder Adelhausen — wo bereits vor 1234
eine Beginensammlung bestand —, aus einer ,beginenartigen' Gemeinschaft
hervorgegangen ist86 oder — wie etwa Otenbach — in der Folge der Bettelordenspredigt
gegründet wurde87. Die Fürsprache Amicies de Joigny und
ihres Sohnes Gaucher bei der Kurie zugunsten einer Inkorporation von
St. Agnes in Straßburg und St. Marien in Offenburg könnte auf eine Beziehung
zwischen den beiden Klöstern hinweisen88.
Wann das Marienkloster aufgelöst wurde, ist nicht überliefert89. Der noch
das ganze 13. Jahrhundert hindurch fortdauernde Andrang zu den Frauenklöstern
macht eine Auflösung innerhalb der Lebenszeit von Gertrud jedenfalls
unwahrscheinlich. Auch scheint es, daß der Konvent die Versuche des
Dominikanerordens, sich von der ihm aufgebürdeten Betreuung der Frauenklöster
zu befreien und die sich daraus ergebenden Zeiten mangelnder
Seelsorge90 gut überstanden hatte, denn zwei Stellen in GvO weisen darauf
hin, daß das Dominikanerinnenkloster in den 30er Jahren des 14. Jahrhunderts
noch existiert hat: f. 238r/22f. heißt es:
eines morgens fmge wz dise frowe [Gertrud] gangen zu den predigern mit
den hette sü ernstlich zu reden.
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