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deren Einfluß genommen zu haben.128 Es ist allerdings kaum zu sagen, ob
die Partner der beschriebenen Transaktionen nicht zum Teil die Franziskaner
selbst gewesen sind. Wenn man die Straßburger Zustände in dieser Hinsicht
verallgemeinernd auf Offenburg überträgt, wäre das gut möglich129.
Von den Regelungen mit den Franziskanern zu unterscheiden ist die immer
wieder betonte Gütergemeinschaft, in der die Beginen untereinander lebten
(z. B. 210v / 8). Diese scheint aus der Sicht der Lebensbeschreibung vor allem
zwischen Gertrud und Heilke stattgehabt zu haben, denn die anderen
Mitbewohnerinnen werden in diesem Zusammenhang nie erwähnt. Sie war
aber sicher allgemeiner und bezog sich anscheinend nur auf Güter des täglichen
Gebrauchs und die Lebenshaltungskosten. Sie scheint nicht auf einem
Vertrag oder einer anderen schriftlichen Regelung beruht zu haben, sondern
auf dem allgemein herrschenden Gebrauch oder einfachem mündlichem
Übereinkommen.
An Einnahmequellen lassen sich aus der Vita Schenkungen von Gönnern
nachweisen130. Gertrud und Heilke deckten aber, wie auch die anderen
wohlhabenderen Mitglieder der Samnungen, ihren Lebensunterhalt von den
Gülten und Zinsen ihrer Liegenschaften131.
Der Grundsatz des Verdienstes aus beruflicher Tätigkeit132 wird auch in
Offenburg gegolten haben, denn es gibt Hinweise, daß — wie in Beginenge-
meinschaften der Gegend üblich -, Gertrud - und wohl auch die anderen
Mitschwestern — sich mit Spinnen und anderen Arbeiten beschäftigten: Sü
spanoch wol vmb Ion (f. 226r/30f.133).
Beziehungen zum St.-Andreas-Hospital
Daß eine enge Verbindung der Beginengemeinschaft zum St .-Andreas-
Hospital bestand, legt schon die Tatsache nahe, daß sie meist in den Urkunden
des Spitals erwähnt wird (der Art der Urkunden entsprechend fast
immer im Zusammenhang mit Zinsgeschäften und Transaktionen von
Grundstücken und Häusern); auch entsprach die oft von Beginen übernommene
Pflege und Versorgung von Kranken dem franziskanischen Ideal der
Caritas. Der Tag des Hl. Andreas ist zweimal rot im Text der Vita unterstrichen
(f. 206v/32, f. 207v/30), ein weiterer möglicher Anhaltspunkt.
Auch GvO berichtet von einem Spital, in welchem Gertrud Aussätzige
pflegt134.
Natürlich ist diese Pflegetätigkeit auch vom Tugendkatalog und dem Typ
des Heiligen135 einerseits und andererseits durch das franziskanische Ideal
der Caritas vorgegeben. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, daß sie auch
den historischen Tatsachen entspricht: Das St.-Andreas-Hospital war schon
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