http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0267
Der verbliebene Wald wurde in den Jahren vor 1571 durch Marquart von
Hausen übermäßig stark abgeholzt. Seine Anstrengung, durch Erhöhung
des Holzverkaufes den Rückgang der Erlöse aus dem Getreideverkauf
im Zuge der spätmittelalterlichen Agrarkrise und damit dem finanziellen
Ruin entgegenzuwirken, machte dabei auch vor Obstbäumen nicht halt,
die auf dem Hofgut standen, eigentümlich jedoch verschiedenen Bauern
gehörten.
Gleichzeitig mit der starken Rodung des Waldes hatte von Hausen scheinbar
mit der Ausweitung der Nutztierhaltung einen neuen wirtschaftlichen
Schwerpunkt zu setzen gesucht. Die auf dem Gemeintagsabschied 1580 von
Kürzell erhobene Klage wegen übermäßiger Viehzucht auf dem Hof zeigt,
daß der seit 1576 den Hof in Besitz haltende Jakob von Endingen die (gemeinsam
mit seinem Vorgänger und Mitbesitzer?) getroffene Wirtschaftsoption
nicht mehr korrigieren wollte oder konnte. Die durch starken Holzhieb
verminderte Ertragskraft des Waldes — vornehmlich langsam wachsende
Eichen — und der konjunkturell bedingte Mindererlös bei Getreide und
Hanf zwangen von Endingen auf den Weg der Konfrontation mit Nachbargemeinden
. Seiner exzessiven Ausweitung der Viehzucht standen die beschränkten
Möglichkeiten zur Futtergewinnung durch eigenes Weideland
entgegen. 1599 schritt er deshalb zu einer gewaltsamen Erweiterung des
Hofterritoriums durch Einzäunung eines benachbarten Kürzeller Bannteiles
, wobei er auch vor einer Bannsteinversetzung nicht zurückschreckte.
1603 gelang der Dorfgenossenschaft der käufliche Rückerwerb des entfremdeten
und strittigen Streifen Landes. Dessen Nutzung als Acker und Weide
für Rindvieh und Pferde war aber weiterhin zu gestatten.65
Dabei waren den Hofmeiern und den Hofbesitzern von den Nachbardörfern
bereits umfangreiche Zugeständnisse gemacht worden. Nachgewiesenermaßen
in den Jahren zwischen 1571 und 1653 durften diese Rindvieh nach
Schutterzell zur Weide und Schweine zur Eckerichtmast „soviel wie der
vornehmste Schutterzeller Meier" treiben. Desgleichen bestand freie Zufahrt
zur Ichenheimer Früh- und Herbstweide sowie Zugang während der
Eckerichtzeiten zum Kürzeller Bann.
Auch in dieser Neuorientierung lag der Ottenweier Hof im Rahmen der allgemeinen
Konjunktur wie der Expansion der Viehhaltung im 16. Jahrhundert
. Mit dem flächenmäßig geringen Weideland und den erschöpften
Aufnahmekapazitäten der umliegenden Gemeinden, die gleichfalls ihren
Viehbestand erhöhten, war der Verteilungskonflikt vorgezeichnet. Daß dieser
recht günstige Kompromiß zur Mitbenutzung von nachbarlichen Weideflächen
trotz des Versuchs der gewaltsamen Bannausdehnung zu Lasten von
Kürzell ging, ist nicht zuletzt aus der Stellung derer von Endingen erklärbar
. Als badische Amtleute konnten sie in den Gemeinden ihres Verwaltungsbezirks
Mahlberg ihren Interessen leichter Geltung verschaffen.
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