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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 311
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0311
Die Bestimmungen über die Zunftoberen sind in den einzelnen Satzungen
nicht einheitlich. Die Ordnung von 1737 verlangt von den Bauhandwerkern
je zwei Zunft- und Büchsenmeister sowie zwei Büchsengesellen, was keineswegs
üblich war. Für die Vorschriften, zu welchen Terminen die Zunft
zusammentreten sollte, kann nur ein Beispiel gegeben werden: am Sonntag
nach Ostern, am Sonntag nach Johannes des Täufers, am Sonntag nach
Kreuzerhöhung und am Dienstag nach Martini.62

Eine in ihrer Vielfalt nicht zu überschätzende Bedeutung zeichnete den
Jahrtag aus, das ,,Gebott" oder ,,Hauptgebott" genannt, und die gesellschaftliche
Festlichkeit füllte ihn bei weitem nicht aus. An diesem Tag —
nach der obigen Liste am einzigen Werktag — der, wie berichtet, feierlichreligiös
begann, stellte die Zunft die Jungen vor, die das Handwerk ihres
Vaters erlernen wollten, und verdingte die Lehrbuben, sprach sie die Gesellen
frei und nahm sie die neuen Meister auf. Der Vertreter der Behörde, der
bei jeder Versammlung zugegen war, schärfte den Anwesenden die Zunftordnung
ein; und hier lag wohl auch der Grund dafür, daß Meister, die fernblieben
, eine Geldstrafe bezahlen mußten. Er legte die von ihm geprüften
Zunftrechnungen der Versammlung vor, die sie genehmigte. Die demokratische
Komponente, die Wahl, wurde schon genannt. Während dieser jährlichen
Zusammenkünfte tagte auch eine Art Standesgericht. Vor der Zunft
konnten alle Mitglieder ihre Beschwerden, gegen wen auch immer, vorbringen
. Einige Beispiele wurden schon angeführt. Die angeklagten Verfehlungen
gingen aber weit über den wirtschaftlichen Bereich hinaus und betrafen
auch das persönliche Verhalten der Meister. Damit erhob die Zunft den Anspruch
, über die Moral der ihr angeschlossenen Handwerker zu urteilen.
Da gab es eine Reihe von Vorfällen, die den Ruf der Zunft gefährdeten und
verständlicherweise von ihr geahndet wurden. Ein Viertelsmeister bot beim
Kegeln einem Mitspieler sein Amt um ein Maß Wein zum Kauf an. Die
Zunft nahm ihm den Posten und ein halbes Ohm Wein zur Strafe ab.63 Natürlich
wehrte sich der Zunftmeister, wenn seine Kollegen über ihn
,,Schmähreden" führten, was immer wieder verzeichnet wird.64 Einsichtig
ist auch, daß ein Zimmermann einen handfesten Streit vorbrachte, den er
nach der Beerdigung eines Zunftmeisters auf dem Heimweg von Griesheim
nach Appenweier mit anderen Leidtragenden aus der Zunft auszufechten
hatte.65 Hier ging es um Angelegenheiten der eigenen Gemeinschaft, und
man handelte nach den beiden Grundsätzen: „Wenn zwei Schmiede einander
schelten, soll das Handwerk die Sache wieder in Ordnung bringen.
Wird ein Schmied von einem Bauern gescholten, soll er dies beim Amt des
Ortes anzeigen."66 Aber die Kompetenz des Gerichtes reichte über diese
Grenzen hinaus. 1750 wurden gleich drei Schneider angezeigt, der eine hatte
am Zunfttag im Rausch geflucht, der andere war so betrunken, „daß er
auf der Straße liegen geblieben", der dritte führte sich „mit Fluchen, Hauen
und Stechen und auch sonst ungebührlich auf."67

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