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es mich erst nachträglich recht deprimierend und betrübend gestimmt von
Ihnen, werte Frau Geck, die Äußerung zu hören, meine Ansprache an das
junge Brautpaar recht kalt und amtlich vorgetragen zu haben. Da ich mich
an den Wortlaut genau erinnere und selbst sehr ergriffen war, so war sicherlich
Ton und Inhalt der kleinen Anrede nicht kalt und im Amtsstil." Monsch
gab den Text wieder und fügte hinzu: ,,Beim Abschied gratulierte ich dem
Paar nochmals herzlich mit innigem Händeschütteln". Und dann kam
Monsch selbst zur Sache und machte aus seinem tiefgehenden Groll über
den alten Freund und Genossen, demgegenüber er es an Loyalität nie hatte
fehlen lassen, keinen Hehl: ,,Veranlaßt durch Beiliegendem will ich auch
gleich die Frage beantworten, warum meine Beziehungen zu Adolf sich erkaltet
haben, mit einigen Zeilen auf den erhaltenen Brief antworten. Von jeher
waren meine Bestrebungen in Wort und Schrift Adolf nicht genehm.
Während der Kriegsjahre, in denen Herr Schimpf und ich oft bis 2 Uhr
nachts ehrenamtlich all die vielen und gefährlichen Arbeiten besorgten, hatte
Adolf nur Tadel und jammerte über die bürgermeisterlose Zeit, mir erteilte
er öffentlich das schimpfliche Prädikat: ich sei der Peterle an allen
Suppen. In der Sache des prozeßsüchtigen Herrn Pfähler hat er mir mit Vorliebe
,,eins ausgewischt". Selbst mein stetes Streben, u.a. Offenburg auch
zu einem Kurort zu machen, z. B. durch Traubenkur, Kneippkur oder durch
Wiederherstellung der Weierbacher Quelle und Badkabinette hat er mit Satire
bekämpft. Wider besseres Wissen ließ Adolf es unwidersprochen: das
Weierbacher Stahlwasser habe keinerlei Heilwirkung, obwohl vor Jahren
das Bad von Fremden gut besucht war und täglich vom Zähringerhof aus
Fahrgelegenheit war. Da ich (ungern) Vorstand des Verkehrsvereins wurde,
hat er auch letzterem wenig Sympathie gezeigt usw. In Anbetracht dieses
mußten ja die Beziehungen und freundlicher Verkehr erkalten."30
Marie Geck ließ in ihrem Aussöhnungsbemühen nicht locker: am 9. 7. 1927
ersuchte sie Bürgermeister Walther Blumenstock um Vermittlung „zwischen
den ,zwei Alten' ", die heillos und unversöhnlich auseinander geraten
waren. Damals hatte man Monsch, wie Marie meinte, den Floh ins Ohr gesetzt
. Adolf wolle ihn bei der Wähl aus seinem Ratsherrensitz verdrängen.
Nach Kenntnis von Blumenstock traf das nicht zu, und ,,da hat der ,Alte'
recht, wenn er nicht Widerruf leistet . . . Trotzdem solle er aber nicht seinerseits
den Geck-Kopf aufsetzen. So alte, treue Freundschaft und Kampfgenossenschaft
kann und darf man auf so hochbetagte Gnadenstunden des
Schicksals hin nicht einfach im Sand verlaufen lassen." Maries größter
Wunsch, einen Strich unter die alte Rechnung zu machen und mit Blumenstock
und einem Osnabrücker Freund im Gärtchen in der Zähringerstraße
einen .zünftigen SchnurgeP abzuhalten, ging nicht in Erfüllung, und Marie
schrieb Blumenstock: ,,Es ist keine Schande, wenn ich erkläre: es preßt mir
jeweils der Gedanke daran die Tränen ins Auge ..."
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