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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
71. Jahresband.1991
Seite: 600
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Dramatiker in einem vermeintlich ,,verjudeten" Kulturbereich erhalten hat,
wird man annehmen dürfen.

1914 bis 1916 nahm Dinter als Infanterist am Ersten Weltkrieg teil. Als
Hauptmann auf Grund einer Verwundung aus der Armee entlassen, erlebte
Dinter eines Tages die Stunde seiner wahren Bestimmung: ,,Auf einer jener
üppigen Berliner Gesellschaften am Kurfürstendamm", so schrieb er im
Nachwort zu „Die Sünde wider das Blut", ,,wurde ich eines Tages auf
Chamberlains Grundlagen des XIX. Jahrhunderts' aufmerksam gemacht.
Ich hörte einen jüdischen Arzt gewaltig über das Buch schimpfen. Das ver-
anlaßte mich, es durchzublättern. Aus dem Durchblättern wurde ein Lesen,
aus dem Lesen ein Studium. Wie Schuppen fiel es mir da von den Augen.
Wie ein Magnet plötzlich Richtung und System in einen Haufen Eisenfeilicht
bringt, so ordneten sich unter dem Eindruck des Buches meine Empfindungen
und Erfahrungen, Gedanken und Vermutungen zur geschlossenen
Kette. Sofort schaffte ich mir Chamberlains übrige Werke an. Sein
.Kant' war mir eine Offenbarung, sein ,Goethe' wirkte auf mich wie eine
kopernikanische Tat, seine ,Worte Christi' wurden mein ständiger Begleiter.
Es vollzog sich eine vollkommene geistige Wiedergeburt. Mit neuen Augen
und Ohren durchwanderte ich nun unter Chamberlains geistiger Führung in
jahrelangen, folgerichtigen Studien ein Gebiet, das von den altindischen
Heldengedichten... bis zu Mommsen, Treitschke und Gobineau reichte".9
Zählt man zu diesen Namen und Lektüren noch Lagardes „Deutsche
Schriften" sowie spiritistische Experimente hinzu, deren Ergebnisse in Din-
ters Konzept der ,,Geistlehre" Eingang gefunden haben, so ist in etwa der
Kreis seiner wichtigsten Einflüsse und Erfahrungen in diesen Jahren umrissen
.

Diesem Ideengemisch zufolge hat Dinter Rasse als Schlüssel nicht nur zur
„Geschichte der Menschheit, der Völker und Familien" verstanden, sondern
auch „zur Persönlichkeit des einzelnen Menschen. Alles, was ich bin,
fühle, denke, will, was aus mir geworden ist, wird und werden kann, verdanke
ich einzig und allein meiner Rasse. Die Rasse ist nebst meiner Religion
das Höchste und Heiligste, was ich besitze. Ja, meine Religion besitze
ich nur durch meine Rasse. .. Rasse und Religion sind eins! Und das Wissen
, daß ich der edelsten Rasse entstamme, die je der Erdboden getragen
hat und dazu berufen ist, alle Völker des Erdballs ihrer höchsten und letzten
Bestimmung entgegenzuführen, legt mir die hohe Verpflichtung auf, alles
daran zu setzen, daß diese Rasse rein und heilig und für fremdes Blut unantastbar
bleibe.. ."10 Eine zur unumstößlichen Wahrheit, ja in den Rang
einer Religion erhobene Rassentheorie, eine illiberal-fundamentalistisch
geprägte Grundeinstellung und die Bereitschaft zum bedingungslosmissionarischen
Einsatz: diese persönlichen Voraussetzungen gingen in
Dinter eine hochgefährliche Verbindung ein, die ihn als ersten „die lebhafteste
Teilnahme für Rassefragen in allen Volksschichten"11 wecken ließ. In

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