http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0628
trachteten.45 Sie hatten allen Grund dazu, da die Lahrer NSDAP sich offensichtlich
im gleichen desolaten Zustand wie der ganze „Gau Baden" befand
. Zur Stadtratswahl am 26. November 1926 konnte die Ortsgruppe
keinen Kandidaten präsentieren.46 Angesichts dieser Situation ist es verständlich
, daß Gauleiter Wagner von allen Parteigenossen „den bedingungslosen
Einsatz .. .mit Gut und Blut"' erwartete. „Wer zu feige ist, dieses
Opfer zu bringen," solle sich entfernen, so seine Forderung.47 Trotz
schwieriger finanzieller Situation wurde ein eigenes Parteiorgan gegründet:
Am 1. November 1927 erschien die erste Auflage des Wochenblatts Der
Führer. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Südwestdeutsche Beobachter gemeinsames
NSDAP-Blatt für Baden und Württemberg gewesen.48 1932
waren es dann gar sechs nationalsozialistische Zeitungen, die in Baden erschienen
.49 Somit verfügte der „Gau Baden" relativ früh über eine eigene
Parteizeitung, die zu einem wichtigen Agitationsmittel im Kampf um Wählerstimmen
wurde, auch wenn sich der Volksfreund, das Karlsruher SPD-
Blatt, anfangs noch über das „Schmier- und Schmutzblättchen" mokieren
konnte.50
Ein weiterer wichtiger Fortschritt gelang den badischen Nationalsozialisten
im Bereich der Agitation mittels öffentlicher Versammlungen. Seit Mitte
1927 konnte der „Gau Baden" in verstärktem Maße mit einheimischen Rednern
an die Öffentlichkeit treten. Jedem Parteigenossen oblag es, für die
Partei zu werben. Plakate, Flugblätter, Handzettel, Presseartikel (auch gegnerische
) und Parteiliteratur sollten die Wirkung auf die Öffentlichkeit
verstärken. Mit Aufmärschen der SA, womit nach außen innere Geschlossenheit
und Stärke demonstriert werden sollte, konnte damals auch der gewünschte
Zweck erreicht werden.
Daß in Lahr ganz im Sinne des Gauleiters gearbeitet wurde, kann am Beispiel
des allerdings erst seit dem 8. April 1930 erscheinenden Grüselhom
nachvollzogen werden.51 Karl Frank war der Gründer dieses ,,Sturm- und
Kampßlatvfi\\ Die Maximen Wagners „Arbeit, Opferwilligkeit, Hilfsbereitschaft
und Kameradschaftlichkeit im Innern der Partei und radikaler
Kampf nach außen", welche die Garanten des nationalsozialistischen Erfolges
seien52, wurde hier genau befolgt. Parteimitglieder und auch Angehörige
der HJ wurden auf Veranstaltungen aufmerksam gemacht, bei denen sie
zu erscheinen hatten. Waren solche Veranstaltungen außerhalb von Lahr, so
mußten Kraftfahrzeugbesitzer ihre Motorräder bzw. Automobile zur Verfügung
stellen (Grüselhom v. 20. Juni 1930). Besonders eifrige Genossen
wurden für ihre Werbeerfolge gelobt (4. Juli 1930). Für Geschäfte und Lokale
, deren Inhaber Nationalsozialisten waren, wurde eigens Werbung
gemacht (Grüselhom v. 14. November 1930). Hauptinteresse galt dem
„Kampf nach außen". So hetzte das Blättchen unter der Rubrik „Typen der
Demokratie" gegen Politiker der demokratischen Parteien oder man nahm
sich politische Gegner gezielt vor, wie z. B. am 3. Oktober 1930 einen Leh-
628
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1991/0628