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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 265
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es im Protokoll, erschien Bürgermeister Spitzmüller, ihm wurde zur Auflage
gemacht, daß er jegliche Betätigung in der Angelegenheit zu unterlassen
habe und daß er sein Schreiben zurücknehmen und durch ein anderes, in
dem eine Richtigstellung enthalten ist, zu ersetzen habe. Gleichzeitig wurde
er darauf hingewiesen, daß eine dienststrafrechtliche Verfolgung gegen ihn
wegen seiner Eigenmächtigkeit vom Herrn Minister des Innern vorbehalten
sei. Am selben Tag schrieb er zwar an die Reichsvereinigung den gewünschten
Brief, in dem er feststellte, daß die Anordnung des Ministers für
ihn bindend sei, doch vier Tage später bekam der Landrat einen Brief von
Bürgermeister Spitzmüller des Inhalts, daß der seinerzeitige Erlaß des Ministers
nochmaliger Prüfung unterzogen werden soll. Am selben Tag hatte
Spitzmüller auch dem Kreisleiter der NSDAP einen Brief mit Abschriften
der Schreiben an den Landrat in Wolfach geschickt - und er hatte Erfolg.

Nur 10 Tage später, am 23. 08. 41, untersagte das Ministerium auf Wunsch
des Reichstatthalters in Baden die Aufnahme männlicher Patienten im
Rothschild-Sanatorium. In einem Zeitungsbericht wurde aber nun der
Landrat wegen „Humanitätsduselei'' schwer getadelt.

Es blieb also weiterhin bei nur Frauen und es blieb - immerhin, wir haben
schon 1941! - auch bei einer jüdischen Einrichtung in Nordrach; das änderte
sich aber nun bald. Zunächst benötigte der SS-Obersturmbannführer
für die Waffen-SS eine eigene Lungenheilanstalt, was er im Schreiben aus
Berlin vom 21.08.42 kundtat. Der Bürgermeister antwortete zustimmend
: die Belegung der jüdischen Heilstätte könne auf 80 bis 100 Personen
erweitert werden, eine Unterbringung im Sanatorium Spitzmüller
komme aber nicht in Betracht. Trotzdem wurde nichts daraus, denn am
07. 09. 42 nahm das SS-Sanitätsamt nach reiflicher Überlegung von der
Belegung Abstand.

Am 29. 09. 42 fuhr die Gestapo vor der Rothschild'schen Lungenheilstätte
vor, lud die Insassen auf einen Lastwagen auf und deportierte sie über
Darmstadt ins KZ Theresienstadt - zusammen mit dem Anstaltsarzt Dr.
Wehl, der selber Jude war. Das Bürgermeisteramt teilte dem Gesundheitsamt
Wolfach auf ihre Frage vom 16. 10. 42, was aus den Räumen der Lungenheilstätte
Rothschild geworden sei, mit, daß sämtliche Juden evakuiert
worden seien. Man findet außerdem noch die Eintragung, daß Ende 1942
eine Verschleppung der Ärzte, des Personals und der Insassen nach Auschwitz
(1944) erfolgt sei. Vom weiteren Schicksal dieser Menschen sei aber
nichts bekannt. Aus heutiger Sicht kann man sich dieses Schicksal allerdings
sehr wohl vorstellen, denn man weiß, daß Auschwitz ein Vernichtungslager
gewesen ist. Jedenfalls haben wohl die wenigsten diese Deportation
überlebt.

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