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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
72. Jahresband.1992
Seite: 506
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Scheffel leben wir im Maientag, bei mir ist Aprilwetter. Bei Scheffel kommen
wir in ganz eine heitere Stimmung, wir erquicken uns an lustigen Bildern
und köstlichen Gedanken, daseinsfreudig, es lacht uns das Herz. Bei
mir wird man über gute und schlechte Witze lachen, über Naivitäten, Burleske
, Komik. Scheffel schreibt Poesie der Alten, ich das Satyrspiel. Reine
Lyrik anlangend bin ich vielleicht sanglicher als Scheffel, aber nicht so eigenartig
im Großen und Ganzen. Auch habe ich den Ekkehard nicht geschrieben
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Dichter

Viktor von Scheffel hatte sich nach abgeschlossenem Studium juristischem
Doktorexamen und verheißungsvollem Berufseinstieg unvermittelt von der
Justiz losgesagt, um fortan als freier Künstler zu leben. Eichrodt hingegen
wählt die gesicherte Beamtenlaufbahn, wälzt Tag für Tag Akten in der
Amtsstube, nur die Mußestunden bleiben für Beschäftigung mit der geliebten
Poesie. Gleichwohl hat er, sozusagen nebenbei, ein umfängliches Werk
geschaffen. Eichrodts Schriften wurzeln im eigenständigen Literaturbereich
der Studentenlyrik, die von vaterländischen Gesängen bis hin zu scherzhaften
Schüttelreimen reicht. Geistreich, aber ohne geistigen Tiefgang, zuweilen
Politiker karikierend, aber ohne einheitliche politische Richtung, zielte
diese Studiosus- und Altherrendichtung in erster Linie auf anspruchsvolle
Unterhaltung. Sie weiß sich indes abzuheben von der flachen Gesellschafts
- und Erbauungsliteratur der zweiten Jahrhunderthälfte, die so spürbar
auf Distanz hier zu Goethe wie dort zur 48er Revolution gegangen ist.

Der junge Kommilitone Eichrodt hat bereits während seiner Studienzeit einen
dichterischen Versuch in den damals weitverbreiteten Münchner „Fliegenden
Blättern" starten können: Unter dem Titel „Wanderlust" erscheint
im Jahre 1847 eine scherzhafte Versfolge, Goethes Ballade „Mignon" respektlos
imitierend. Eichrodt beginnt mit der Strophe:

Nach Italien, nach Italien

möcht' ich, Alter, jetzt einmaligen,

wo die Pomeranze wohnt;

wo die wunderschönen Mädchen

unter süßen Triolettchen

singen wandelnd unterm Mond -

dahin, Alter, laß mich ziehn!

In der Folgezeit werden immer neue Reiseziele in Reimform angepriesen,
mal zieht das Fernweh nach Ostindien, um still zu sündigen, mal nach Ja-

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