http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1994/0381
Nicht immer dürfen die Frauen mit zum Abendtanz und Schlaftrunk. Eines
Abends klopfen die Gespielinnen an den Fensterläden der Barbara Schiffmann
, aber die hat gerade ihre weinenden Kinder in Gottes Namen
„schweigen oder schlafen heißen", und weil sie den heiligen Namen ausgesprochen
hat, muß sie bleiben, „wan sie ihr auch lOOOmal gerufen
netten"98.
1629/30 werden die Berichte über die „Hexenconvente" trockener, Versammlung
, Wettermachen und Hochzeit werden noch stärker miteinander
verbunden. Gewinnt man aus den frühen Protokollen den Eindruck, die
Frauen freuten sich über die Zechereien, entschuldigen sie sich in den späteren
bei ihren Buhlen mit Krankheit, um nicht hingehen zu müssen. Ob
die Behörden solche Zusammenkünfte weniger wichtig nahmen oder ob
eine Verteidigungsstrategie dahinter stand, können wir nicht sagen.
Über Leben und Tod entschied endgültig ein Gericht, das sich aus einem
von „unserer gnädigsten Herrschaft von Österreich bevollmächtigtem
Anwalt" als Kläger", einem Fürsprech, also einem Verteidiger, und zwölf
Richtern zusammensetzte. Der Tagungsort der einzelnen Verfahren wird
oft nicht angegeben, für einige war es nachweislich Appenweier100,
d. h. nach den „Geständnissen" im Gefängnis wurden die Angeklagten
von Ortenberg zur Aburteilung und Hinrichtung in ihren Heimatort gebracht101
.
Die „Staatsanwälte" rekrutierten sich aus der Beamtenschaft der Landvog-
tei, waren also keine „wandernden Inquisitoren"102 und keine „Hexenkommissare
"103. Ludwig Stecher, einer der Ankläger in den ersten Prozessen,
versah den Posten eines Sekretärs der Landvogtei. Er soll einer der
schlimmsten Hexenrichter gewesen sein und habe sich an seinen Opfern
bereichert104. Um ihm für unsere Bereiche Gerechtigkeit widerfahren zu
lassen, müssen wir sagen, daß er z. B. den Fall Susanne Hain sehr sorgfältig
untersuchte, neue Zeugen herbeiholen ließ, als die Verdächtige nicht
gestand, und sie zuletzt begnadigte105. Lorenz Mezger, der 1595 die Frauen
anklagte, war Schaffner der Landvogtei106 und Martin Schilling (1629)
stand dem Landgericht Zunsweier als Vogt vor107. Johannes Werner (1630)
könnte vielleicht jener Dr. Johannes Werner gewesen sein, der 1601 die
Begnadigung des Jacob Butz von Speyer aus ablehnte108. Über Jeremias
Schilling wissen wir nichts109 (1630).
Die zwölf Richter, die für die einzelnen Prozesse eingesetzt wurden, kamen
aus der ganzen Ottenau. So entschieden über Maria Halm und Ena
(Eva) Neuenstein von Urloffen drei aus Appenweier, je einer aus Urloffen,
Nußbach und Zusenhofen - die Hälfte stellte also das Landgericht Appen-
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