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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
74. Jahresband.1994
Seite: 485
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VII.

So flössen die Tage in rastloser Tätigkeit hin, ab und zu unterbrochen durch
die Telegramme vom Kriegsschauplatz, so namentlich durch die
Siegesdepesche über die gewaltigen, leider aber so blutigen Kämpfe vom
14., 15. und 16. August (Metz, Mars-la-Tour, Vionville). Mit fieberhafter
Spannung verfolgte man den weiteren Vormarsch der Unsrigen und mit
ängstlicher Sorge den zunächst unerklärlichen Rechtsabmarsch mit der
Schwenkung nach Norden, bis endlich die fast unglaubliche Siegesnachricht
von Sedan die Spannung löste und unendlichen Jubel auslöste. Die
jetzige Generation kann sich keinen Begriff davon machen, wie diese
Nachricht zündete und bis ins Mark hinein ergriff! Die ganze feindliche
Armee, soweit sie nicht in Metz und Straßburg eingeschlossen war, samt
dem Kaiser, gefangen! Ein Ereignis, wie es die Weltgeschichte noch niemals
aufgewiesen hat. Die Siegesfreude wurde noch verdoppelt und verdreifacht
durch die allgemein geteilte Überzeugung, daß damit der Krieg zu
Ende sei. Daher Jubel und Freude ohne Ende! Meine Verwundeten in den
Lazaretten, denen ich die Nachricht spornstreichs mitteilte, wollten sie, soweit
es Deutsche waren, gar nicht glauben. Ein preußischer Wachtmeister,
der bereits wieder soweit hergestellt war, daß er sich, auf einer Bank vor
der Turnhalle sitzend, sonnen konnte, sagte, „liebes Männeken, det globe
ich nun und nimmer. Eine Armee von 150 000 Mann läßt sich nicht gefangennehmen
. Det is unmöglich." Die französischen Verwundeten glaubten
an die Nachricht schon eher und erklärten das Ganze einfach für eine Verräterei
(trahison) Napoleons, den sie haßten, und seiner Generale. Auch alle
ihre sonstigen Niederlagen führten sie einfach auf „Verrat" zurück, und das
ist ja auch noch heute die allgemeine Legende in Frankreich.

VIII.

Die Meinung, daß mit dem Siege von Sedan der Krieg zu Ende sei, erwies
sich allerdings als irrig. Die Republik trat in Frankreich an Stelle des kaiserlichen
Regimes und organisierte mit anerkennenswerter Tatkraft den
Widerstand bis aufs Äußerste. Gambetta stampfte neue Truppen gleichsam
aus der Erde, und diese in aller Hast einexerzierten Männer, vielfach sogar
nur halbreife Jünglinge, leisteten Erstaunliches. Die Erhebung Deutschlands
in den Freiheitskriegen 1813/15 fand in dieser begeisterten Erhebung
Frankreichs ihr würdiges Seitenstück. Es wurde bald klar, daß Paris nur
durch eine strenge Zernierung und regelmäßige Belagerung langwieriger
Art einzunehmen sei, und daß, solange diese Einnahme nicht gelungen sei,
an Friedensschluß nicht gedacht werden könne. Daneben zog sich die Belagerung
von Metz und Straßburg überraschend lange hin und absorbierte
beträchtliche Teile der deutschen Armee. Von Metz erschien dies begreif-

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