http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0231
1788 geschlossenen Acherner Nikolauskapelle, in der dann auch wieder
Gottesdienste abgehalten werden sollten. Dies sei nicht zuletzt deshalb geboten
, weil der Neubau der Acherner Liebfrauenkirche bevorstehe. Um
den erwähnten Kirchenneubau preisgünstiger und mit geringeren Arbeitsleistungen
verwirklichen zu können, sollte die Oberacherner Johanneskirche
abgerissen und sollten deren Steine zum Neubau der Acherner Liebfrauenkirche
verwendet werden. Außerdem wünschte man, daß „die Einkünfte
der Johanneskirche zu Oberachern mit den Einkünften der dasiegen
Pfarrkirche vereinigt würden". Im Zusammenhang mit dem geplanten Kirchenneubau
wollte die Gemeinde auch darüber informiert werden, „ob die
Zehntherren, so in der Gemeinde den Zehnten beziehen, nicht gehalten
seyen, an unsrer zu erbauenden Pfarrkirche Thurm und Chor zu bauen und
zu unterhalten". Schließlich sollte in Erfahrung gebracht werden, wo die
400 Gulden hingekommen seien, die der letztverstorbene Markgraf von
Baden-Baden „der unteracherer Pfarrkirche zur Erbauung eines Altars zur
Ehre des seeligen Bernhards von Baden legiert" (= vermacht) habe.
Mißfallen erntete in der Acherner Bürgerschaft auch die Handhabung der
Bürgeraufnahme. Da auswärtige Beamte jungen „Einkömmlingen", die
sich in Achern mit einer Bürgerin bzw. einem Bürger dieser Gemeinde verheiraten
und damit das Acherner Bürgerrecht erlangen würden, gern einen
Vermögensschein ausstellten, in dem die Vermögensverhältnisse geschönt
dargestellt seien, solle in Zukunft „kein fremder Einkömmling mehr ohne
Einwilligung der Vorgesetzten und des Ausschußes angenommen werden".
Dieser Forderung lag die Erkenntnis zugrunde, daß Achern keine weiteren
„unbemittelten Bürger" verkraften könne, weil der Acherner Feldbau keine
nennenswerte Steigerung der Nahrungsmittelproduktion zulasse, weil ferner
die steigenden Holzpreise von minderbemittelten Bürgern nicht mehr
bezahlt werden könnten und weil in Achern ohnehin schon allzuviele Tag-
löhner, Bettler und Felddiebe ansässig seien. Zudem herrsche auf der Gemarkung
Acherns Mangel an landwirtschaftlicher Nutzfläche sowie an
Bau- und Brennholz - unter anderem aufgrund der schlechten „Bewirt-
tung" der unteren und oberen Großweierer Mark -. Dadurch verbiete sich
auch „das so sehr beliebte System der großen Bevölkerung bey uns" und
zwinge manche Untertanen zur Auswanderung. Überdies müsse erreicht
werden, „daß die denen Feldern zu nahe gelegene Allmentpläze durch arme
Leuthe nicht verbauet würden, weilen durch das Geflügel dieser Leuthen
die Feldfrüchten gar sehr beschädigt werden". Bessere Rahmenbedingungen
für die landwirtschaftliche Produktion ergäben sich auch dadurch, daß
„diejenigen Äcker, so wegen besserem Nuzen aus Zehntfreyen Wießen zu
Äckern gemacht worden oder in Zukunft gemacht werden, Zehntfrey zu
lassen". Von Vorteil sei schließlich, wenn die Mesner und Bannwarte in
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