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einsetzte. Die Gläubigen besuchten „immer am Jahrestag seines Todes das
Grab und riefen den hl. Landelin in den Beschwerden des Leibes und der
Seele an"12. Im frühen 8. Jahrhundert entstand so, und zwar zuerst in
Münchweier in der Nähe des Grabes, also nicht beim Brunnen in Etten-
heimmünster, ein kleines, allerdings nicht lebensfähiges Kloster. Dieses
wurde 734 von Bischof Etto von Straßburg, der zuvor auf der Insel Reichenau
Nachfolger des hl. Pirmin war, nach Ettenheimmünster weiter in
das Tal hinein verlegt und mit Gütern reichlich ausgestattet. Die Geschichtsschreiber
des Klosters betrachten daher Bischof Etto als den Erneuerer
und eigentlichen Gründer des Gotteshauses Ettenheimmünster.
Wenn man also der Legende glauben will13, begann die Verehrung des hl.
Landelin schon im 7. Jahrhundert am Grab des Heiligen. Historisch wird
die Verehrung des Heiligen etwa um das Jahr 1000 faßbar. In einem in der
Münchner Staatsbibliothek aufbewahrten Heiligenkalender der Diözese
Straßburg taucht unterm 21. September der Name des hl. Landelin zum ersten
Mal auf14.
Den frühesten geschichtlichen Beleg für eine Wallfahrt zum hl. Landelin
und zugleich für die Fürsorge, welche die Mönche den Wallfahrern ange-
deihen ließen, gibt uns eine Straßburger Urkunde von 1183, in der Bischof
Heinrich I. dem Kloster wegen seiner Gastfreundschaft gegenüber den Pilgern
seine Anerkennung aussprach15.
Aus dieser Urkunde ist nun allerdings nicht erkennbar, ob die Pilger eher
zum Grab des Heiligen nach Münchweier oder zu der Stelle des Martyriums
, also zu den Quellen nach Ettenheimmünster kamen. Auch wird keine
Aussage darüber gemacht, an welcher der beiden Stätten sich die Mönche
um das Wohlbefinden der Pilger kümmerten.
Wo nun der hl. Landelin in früheren Zeiten in stärkerem Maße verehrt wurde
, ob in Münchweier oder in Ettenheimmünster, läßt sich aus den nur
spärlich vorhandenen Belegen nicht eindeutig erschließen. Sie deuten aber
darauf hin, daß bis zum Ende des 15. und frühen 16. Jahrhunderts wohl
dem Grab in Münchweier der Vorzug gegeben wurde. Vom 16. bis zum
Ende des 18. Jahrhunderts trat aber Ettenheimmünster immer mehr in den
Vordergrund, und heute ist die Wallfahrtskirche St. Landelin in Ettenheimmünster
der Hauptort, an dem der Heilige verehrt wird. Beim alljährlichen
Landelinusfest im September ist die Kirche in Ettenheimmünster bis auf
den letzten Platz gefüllt, während Münchweier völlig in Vergessenheit geraten
ist. Kaum einem Besucher, der auf dem Weg nach Ettenheimmünster
durch Münchweier fährt, ist es bewußt, daß er an der Grabeskirche des hl.
Landelin vorbeifährt.
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