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Angst vor Jesuiten und Barmherzigen Schwestern
Sein Eintreten für die Gleichstellung der Deutschkatholiken nützte Hecker,
der sich der Versammlung als Katholik vorstellte, für Angriffe auf Jesuiten
und Barmherzige Schwestern. Auch ihm fiel es offenbar schwer, beim
Thema zu bleiben und nicht allen Ärger abzuladen, wenn man am Wort
war. Unnötig war auch die ständige Verunglimpfung der bestehenden Ordnung
als >Polizeistaat<. Sie machte die Regierung den Deutschkatholiken
nicht geneigter. Aber vielleicht ging es Hecker gar nicht um die wenigen
Deutschkatholiken, sondern mehr um die Wirkung aufs Publikum, näher-
hin auf die Journalisten und damit aufs Volk. Fast immer wenn er eine Rede
beendete, erhielt er von der Zuschauertribüne herab Beifall. So auch
diesmal. Der Präsident vergaß seine Drohung.
Nach Hecker stand Mathy das Wort zu. Der gewiefte Parlamentär machte
den Präsidenten darauf aufmerksam, daß im Saal ein ständiges Kommen
und Gehen herrsche und es wohl sinnvoll sei, die Sitzung für eine Pause zu
unterbrechen. Nach 5stündigem Rededuell war dieser Wunsch verständlich
. Als um 15 Uhr, nach einstündiger Pause, die Sitzung wieder eröffnet
wurde, hatte Mathy die gewünschte Aufmerksamkeit.
Mathy war gut vorbereitet. Er hatte das aktuelle Buch von Büß gegen die
Deutschkatholiken gelesen. Mit dem provozierenden Titel „Das Ron-
gethum in der badischen Abgeordnetenkammer" wollte Büß den sympathisierenden
Kollegen den Boden heiß machen. Rechtlich durfte es in der Abgeordnetenkammer
gar keine Deutschkatholiken geben, weil ein Abgeordneter
bei einem Bekenntnis zur Mitgliedschaft sofort das Mandat verloren
hätte.
Mathy bescheinigte Büß zunächst eine maßvolle Rede. Dies habe ihn nach
der Lektüre seines Buches angenehm überrascht, wo er in Anspielung auf
die deutschkatholischen Gemeinden vom „Saubach in Constanz" und vom
„Neckarschleim in Heidelberg" gesprochen habe.
Mathy wollte sich nicht kurz fassen, sowenig wie seine Vorredner. Als
auch andere diesem schlechten Beispiel folgten, meinte der Sitzungspräsident
humorvoll: „Nun, meine Herren, auf diese Weise werden wir nicht
fertig. Ich will dafür sorgen, daß Betten hereinkommen, denn wir kommen
bis morgen nicht aus dem Saal." (Protokollbuch vom 13. August 1846,
S. 133). Die Sitzung wurde erneut unterbrochen und am nächsten Tag fortgesetzt
.
Vielleicht gefielen sich die Abgeordneten gerade deswegen in langen Re-
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