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sich durch großen Wohlgeschmack aus . . . Nach des Großvaters Tod wurden
die Herrlichkeiten des großelterlichen Hauses dadurch etwas beschnitten
, daß die Großmutter die zwei schönen großen Zimmer im oberen Stock,
die uns als Gastzimmer zu dienen pflegten und uns immer so sehr imponiert
hatten, an einen Bezirks-Geometer namens Nußbaum16 vermietete,
der späterhin eine Freundin der Tante Reindle heiratete und die Gasfabrik
in Offenburg, unter Ausscheiden aus dem Staatsdienst, auf eigene Rechnung
übernahm. Er machte damit ein glänzendes Geschäft und baute sich
später eine schöne eigene Villa in Offenburg. (Sein Sohn ist der jetzige Verwaltungsgerichtsrat
Emil Nußbaum, der seinen schönen Vornamen mir zu
Ehren erhielt.)
Noch mehr büßte das großelterliche Haus und unsere Ferienfreude in demselben
aber dadurch ein, daß die Großmutter im Jahr 1848 infolge des sogenannten
„Franzosenschreckens"11 einen schweren Nervenschock erlitt
und von da ab geistig sehr nachließ, so daß einige Jahre später sie ihre
Haushaltung ganz aufgab und zu Reindles übersiedelte in Kost und Wohnung
. Der Franzosenschrecken bestand in einem noch jetzt gänzlich unaufgeklärten
Alarm, der sich in den Orten längs des Rheins in einer Nacht
ganz plötzlich und ohne jeden Grund verbreitete und durch „Feuerreiter"
bis in die weiter zurückliegenden Orte, so auch Offenburg weitergetragen
wurde, es seien die „Franzosen" über den Rhein gedrungen und sengten
und brannten alles nieder und plünderten Ortschaft um Ortschaft aus unter
Niedermetzelung der Einwohner! - Überall wurde Sturm geläutet. Die
damals in der ersten Bildung begriffenen Bürgerwehren wurden unter die
Waffen gerufen, Barrikaden an den Ortseingängen errichtet, die Brücken
gesperrt oder gar abgetragen: alles in der einen Nacht und auf weite
Strecken. Alles war förmlich kopflos und außer sich vor Schrecken. Auch
die Behörden verfielen in Panik!
Das Aufgeben des großelterlichen Hauses und Haushaltes (das Haus wurde
erst nach dem Tode der Großmutter, der etwa im Jahre 1852 oder 1853
erfolgt sein mag2%, verkauft) zog jedoch keineswegs das Aufgeben unseres
Zuwandeis in den Sommerferien nach sich, der ohnehin nicht gerade alljährlich
stattfand. Wir fanden bei Onkel und Tante Reindle auf der Glashütte
ebenfalls freundlichste und gastlichste Aufnahme, bis der bereits
oben erwähnte Tod des Onkels diese Jugendfreuden abschloß. "
Die vier „Achtundvierziger"
Diese Offenburg betreffenden Stellen der Glocknerschen Erinnerungen
fußen auf Beobachtungen eines Sieben- bis Zwölfjährigen in wenigen
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