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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 390
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Der enge Zusammenhang zwischen der frühen Sozialdemokratie und den
Demokraten in Baden ist seit langem bekannt30. So läßt sich für den Offenburger
, Pforzheimer und Mannheimer Wahlkreis - spätere sozialdemokratische
„Hochburgen" - für 1878 eine starke demokratische Präsenz zeigen31
. Blieben die demokratischen Kräfte aber schwach und wurden die
vom Nationalliberalismus abfallenden Stimmen dagegen vom Zentrum
bzw. den Konservativen gebunden, legte dies der Sozialdemokratie erneut
Hindernisse in den Weg.

Für Lahr hätte eine stärker demokratische Kraft zum Beispiel die Konsequenz
haben können, daß das Meinungsmonopol der Lahrer Zeitung nicht
nur von klerikaler Seite (Lahrer Anzeiger), sondern eben auch von kleinbürgerlich
-demokratischer Seite aufgebrochen worden wäre. Das gesamte
politische Klima der Stadt, das nach allen bisher bekannten Quellen als
ausgesprochen restriktiv gekennzeichnet werden muß, hätte eine andere
Färbung bekommen. Aber das sind Spekulationen, auf die vielleicht später
noch einmal zurückzukommen sein wird.

Plädoyer: Für eine politische Geschichte der Arbeiterbewegung

Bleibt als Resümee festzuhalten: Die Behauptung, daß die Lahrer Arbeiterbewegung
rückständig und schwach gewesen sei, läßt sich in dieser Deutlichkeit
wohl nur von der Gewerkschaftsbewegung behaupten. Diese war -
und die Gründe wurden oben geschildert - besonders anfällig gegenüber
dem Druck der Arbeitgeber und relativ leicht zu verletzen. Dies gilt besonders
, da der Kurs von der (nationalliberalen) Stadtobrigkeit gestützt wurde.

Bei geheimen Wahlen dagegen zeigt sich eine durchaus „normale" Zustimmung
zur Sozialdemokratie. Daß sie ihre ersten Stadtverordneten erst 1907
und den ersten Stadtrat erst 1913 - den Lithographen Gustav Richter -
durchzusetzen vermochten, ist eher dem undemokratischen Gemeindewahlrecht
als unmittelbar wirtschaftlichen Strukturen zuzurechnen.

Wichtig aber scheint mir, bei der Suche nach den Gründen für diese „besonderen
" Lahrer Verhältnisse nicht nur die soziale Lage der Arbeiterschaft
im Auge zu behalten. Sowohl die Formulierung als auch die Vertretung
(und Verallgemeinerung) von sozialen Interessen (und genau dies ist
„Politik") ist nicht einfach ein Reflex ökonomisch-sozialer Lage, sondern
ein Prozeß, der in einem gegebenen, sich ändernden politischen „Kräftefeld
" stattfindet.

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