Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 447
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0447
große Anzahl nationaldenkender Deutscher zu sammeln, vor allem solche
Elemente, die gewillt sind, einer vollkommenen Revolutionierung linksstehender
Kreise mit der Waffe entgegenzutreten . . ,"24

Den Strafverfolgungsbehörden war nicht verborgen geblieben, daß die
flüchtigen Tatverdächtigen Schulz und Tillessen dem verfassungsfeindlichen
Männerbund angehörten. Man nahm daher an, ein verbrecherisches
Komplott der Organisation C stehe hinter dem Mord an dem Abgeordneten
Erzberger. Folglich wurde eine ganze Reihe von Angehörigen der Vereinigung
nach dem Attentat überprüft, verhaftet und zum Teil in Untersuchungshaft
genommen. Die Betroffenen bestritten, etwas mit dem Verbrechen
zu tun zu haben. Offenbar waren ihre Aussagen zuvor abgesprochen.
Die Ermittlungsverfahren mußten daher eingestellt, die festgenommenen
Beschuldigten wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Hinreichenden Verdacht
einer Tatbeteiligung erachtete die Staatsanwaltschaft allein bei Manfred
von Killinger für gegeben. Gegen ihn wurde im Mai 1922 Anklage
zum Landgericht Offenburg erhoben mit dem Vorwurf, er habe im Zusammenhang
mit dem Mord an Erzberger den Tätern das Unterstellen von
Koffern in seiner Wohnung gestattet, im September 1921 den Schulz bei
drohender Verhaftung in seinem Pkw weggeschafft und um die gleiche
Zeit Schulz angeboten, dieser könne Schriftwechsel unter Deckadresse
führen. Dies stelle eine Begünstigung der Mörder dar. Die Hauptverhandlung
gegen Killinger fand unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Dr. Grosselfinger
in der Zeit vom 7. bis 13. Juni 1922 statt. Sie endete mit Freispruch
und Freilassung Killingers, da das Gericht eine begünstigende
Handlung nicht als erwiesen ansah. Die Revision der Staatsanwaltschaft
Offenburg gegen dieses freisprechende Urteil hat das Reichsgericht in
Leipzig im Februar 1923 verworfen25. Demokratische Presseorgane konstatierten
damals, daß das sachlich und objektiv geführte Gerichtsverfahren
wegen der verwickelten, undurchschaubaren Beweislage nicht zu einer
zweifelsfreien Verurteilung hätte führen können26. Auch aus heutiger Sicht
vermögen die Urteile beider Instanzen keine Kritik herauszufordern, wenn
man die damaligen Erkenntnismöglichkeiten zugrunde legt. Einen Vorteil
brachte das Gerichtsverfahren gegen Killinger in jedem Fall mit sich: Alle
Zeugen und Sachverständigen sind damals ausführlich zu richterlichem
Wortprotokoll gehört worden. Diese Niederschrift sollte sich viel später als
wichtiges prozessuales Beweismittel erweisen, zumal die meisten vernommenen
Personen bereits kurze Jahre nach dem Killinger-Prozeß verstorben
sind.

Die beiden Haupttäter entkamen. Beinahe wäre Schulz in München ergriffen
worden, doch sein Verteidiger schleuste ihn in letzter Minute durch die
polizeilichen Absperrungen. Eilends setzte sich Schulz gemeinsam mit Til-

447


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0447