http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0459
Die Fahnenhissung, das rituelle Aufziehen der Hakenkreuzflagge auf dem
Schulhof vor der gesamten, angetretenen Schülerschaft und ihren Lehrern,
und wenn ich heute die deutsche Nationalhymne höre, könnte ich noch immer
mitsingen - aber nur die erste Strophe!
Die Knochen- und Lumpensammlung
Die rote Sammelbüchse des Winterhilfswerkes WHW und die dazugehörigen
schönen Anhänger. Schon damals war ich ein leidenschaftlicher
Sammler und habe diese Kostbarkeiten sorgfältig in einer Schublade aufbewahrt
- ich besitze sie noch heute! Denn die zierlichen Anhänger -
Schmetterlinge aus Porzellan, Vögel, Profile von Musikern und Feldherren
in Glas - sind sehenswerte Kleinodien.
Die Kartoffelkäfer-Jagd. Mit der ganzen Schulklasse und der Lehrerin auf
den Kartoffelfeldern die kleinen Käfer geschwind in die Petroleumflasche
zu stecken, das war toll für uns Kinder. Wer die meisten Tierchen in der
Flasche hatte, wurde am nächsten Tag beglückwünscht. Aber am Abend
waren unsere Finger und Hände braun wie die eines Kettenrauchers, denn
die ekelhaften Biester verspritzten bei Berührung eine zudem übelriechende
Flüssigkeit!
Die Alteisensammlung. Hierbei war ich zusammen mit meinem ein Jahr älteren
Bruder ganz besonders erfolgreich. Denn nahe unserer Wohnung an
einem Bahndamm lagen im Gestrüpp des Abhangs alte gebrauchte Schrauben
für die Eisenbahnschienen. Unsere Mitschüler waren immer sehr erstaunt
, wenn wir unsere Funde auf die Waage legten. Aber unseren geheimen
Fundort haben wir nie verraten!
Die Kräutersammlung. Das war mein liebster Sport, durch die Felder und
Wiesen zu streifen und Kräuter zu sammeln! Die Lehrerin erklärte uns die
Pflanzen, die wir pflücken sollten: Katzewäddel, wissi Segessle usw. - dies
waren keine Geheimnisse mehr für uns. Nach der Sammlung mußten wir
unsere Ernte auf dem Speicher der Schule, schön sortiert, auf großen
Tüchern ausbreiten. Da roch es dann gut unter diesem Dach, und wenn ich
heute noch an dem Schweizer Krütlelädel in Straßburg vorbeigehe, erinnere
ich mich daran.
Laut Parole sollte diese Kräutersammlung der Zubereitung von „Tee für
unsere Soldaten an der Front" dienen. Daß der deutsche Landser in Rußland
mit Tee durchhalten sollte, ist für mich ein Geheimnis geblieben -
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