http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0556
hang gebracht. Neuere Forschungen33 ergaben, daß die Marienfigur und
die sie umrahmenden Figuren Gottvater und Gottsohn jedoch verschieden
alt sind.
Die aus Lindenholz gefertigte Marienstatue, die spätgotische Formen in erstaunlicher
Einfühlung und schnitzerischer Vollkommenheit wiedergibt,
könnte ursprünglich zu einer Krippendarstellung gehört haben. Das zarte
Antlitz mit den flachen Wölbungen von Stirn und Wangen, den feingeschnittenen
Partien von Augen und Mund sowie der reich gefältete Mantel,
über den sich das lang herabwallende Haar als weitere Hülle legt, gehören
zu den besonderen Stilelementen der Straßburger Bildschnitzerei im letzten
Drittel des 15. Jahrhunderts. So schwankt auch die Datierung der Honauer
Madonna zwischen 1480 und 1510.
Die Figurengruppe Gottvater und Gottsohn hingegen ist wohl im Zeitraum
vom Ende des 16. bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden. Die
beiden aus einem großen Block Lindenholz geschnitzten Figuren sind im
Vergleich zur Marienfigur zwar zu groß proportioniert, wurden aber wohl
doch genau für diese Madonnenfigur geschaffen. Die Gruppe Gottvater
und Christus ist so komponiert, daß die Marienfigur genau in die zwischen
ihnen entstehende Höhlung hineinpaßt. Es ist anzunehmen, daß sie durch
einen barocken Schnitzer nach einem spätgotischen Vorbild in gotisierten-
der Form als Ergänzung zur spätgotischen Madonna geschaffen wurde.
Als Werk des 17. Jahrhunderts können die Figuren Gottvater und Gottsohn
zu den wichtigsten Beispielen der Retrospektive in der Großplastik gerechnet
werden. Aus diesem Grund war das Figurenpaar im Winter 1981/82
auf der Ausstellung „Dürers Verwandlung in der Skulptur zwischen Renaissance
und Barock" in der Städtischen Galerie - Liebighaus - in Frankfurt
a.M. zusammen mit Kunstwerken aus New York, Baltimore, Wien,
Stockholm, Köln und anderen europäischen Städten zu sehen. 1972/73 befand
sich die komplette Krönungsgruppe für ein halbes Jahr im Badischen
Landesmuseum Karlsruhe, wo sie intensiv untersucht wurde, 1925 und
1969 wurde sie in Offenburg ausgestellt. Während des II. Weltkrieges hatte
man sie vorsichtshalber nach Triberg ausgelagert, was in Anbetracht des
Beschüsses der Honauer Kirche als Glück gewertet werden kann.
Die Krone der Maria sowie das Szepter und seine dazugehörende Heilig-
Geist-Taube stammen aus dem 19. Jahrhundert. Trotz intensiver Forschungen
bleibt die Herkunft der Krönungsgruppe im Dunkeln verborgen. Aus
den Akten ergibt sich weder, daß die Gruppe aus der alten Kirche übernommen
oder sie aus Anlaß des Neubaues der jetzigen Kirche, als Schenkung
des Großherzogs aus dem Säkularisationsgut, nach Hönau gelangt ist.
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