Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 609
(PDF, 127 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0609
Die schweren Verletzungen des Selbstwertgefühls, die er vor 33 teils aus
ganz persönlichen Gründen, teils dank der allgemeinen historischen Umstände
, vor allem dem Trauma des drohenden Untergangs Anfang der
dreißiger Jahre, mit sich herumtrug, zeigten vielleicht erst jetzt ihre Wirkung
. Kam zur Verzweiflung noch, wie bei Meier, Naivität in politischen
Dingen, so blieben kaum mehr Vorbehalte gegenüber dem neuen Regime.
Parteimitglied war Meier nie geworden. Aber der Nationalsozialismus griff
unmittelbar in seine Arbeit als Graphiker ein. Alle Kulturschaffenden mußten
zwangsweise der neu gegründeten Reichskulturkammer beitreten, und
gerade die Arbeit eines Graphikers war für die propagandistischen Absichten
der Nazis von besonderer Bedeutung. Auch Meiers damalige Fibeln für
den Schulunterricht sprechen die reglementierte und ideologisierte Bild-
und Symbolsprache jener Zeit.

Andererseits illustrierte er in den dreißiger Jahren auch noch religiöse
Kinderbücher, darunter 1934 ein Bändchen „Wunderschön Prächtige. Ein
Marienleben in Bildern" von Leo Weismantel. Solch religiöse Themen waren
bei den Nazis ebensowenig gelitten wie die Person Weismantels. Weismantels
Lehr- und Forschungsinstitut wurde geschlossen, er selbst erhielt
später Veröffentlichungsverbot und verschwand aus politischen Gründen
für einige Jahre im Gefängnis.

1936 übersiedelte Meier auf Anraten seines Freundes aus Studienzeiten,
Hans Gaensslen, nach Stuttgart, wo es bessere Erwerbsmöglichkeiten für
ihn gab als in Heidelberg. Die drei Stuttgarter Jahre bis zum Ausbruch des
Kriegs wurden die unbeschwertesten seines Lebens. Endlich hatte er einmal
Arbeit und Einkommen genug.

Im August 1937 notierte er in seinem Tagebuch eine kurze Reise nach München
, wo mittlerweile Freunde aus der Heidelberger Zeit wohnten. In jenen
Tagen wurde dort die berüchtigte Ausstellung „Entartete Kunst" gezeigt, in
der ein Millionenpublikum die von den Nazis verfemte Kunst der Moderne
teils beschimpfte, teils heimlich noch einmal bewunderte. Parallel dazu
hatte Hitler, ebenfalls in München, die „Große Deutsche Kunstausstellung"
befohlen, in der die Nazis ihre Kunstideen propagierten. Meier erwähnte in
seinen Aufzeichnungen davon nichts, aber es ist schwer vorstellbar, daß er,
der Reisen in andere Städte immer auch zum Besuch der dortigen Museen
nutzte, diese beiden Ausstellungen, die kulturpolitisch so markant in Szene
gesetzt waren, nicht zur Kenntnis genommen haben sollte13.

Getrübt wurde die unbeschwertere Stuttgarter Zeit durch immer wieder
aufflackernde Angst vor dem Ausbruch eines Kriegs, wie namentlich zur
Zeit des Münchner Abkommens im September 1938. Schockierend habe

609


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1996/0609