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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
76. Jahresband.1996
Seite: 632
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Leopold Schmidt wies 1955 darauf hin, daß der mit Schneckenhäusern
behängte Dreispitz des Elzacher Schuddigs große Ähnlichkeit mit einer
steinernen Fratze an einem Gebäude in der Wolfacher Schloßstraße aufweist45
. Er datierte die Plastik auf das 16. Jahrhundert, die jedoch nach den
Forschungen Josef Krausbecks bereits im 12. Jahrhundert entstanden sein
müßte46. (Krausbeck vermutete 1984 in einem Zeitungsbericht47, Schmidt
sei aufgrund einer ungenauen Federzeichnung Georg Straubs in der „Or-
tenau" zu seiner These gelangt; Schmidt bezieht sich allerdings in seinem
Beitrag auf eine Fotographie des Kopfes in W.A. Tschiras Abhandlung
über die Stadt und das Schloß Wolfach48.)

Schmidt bezeichnet den Kopf als Wiedergabe einer Schnitzmaske, was bei
einer näheren Betrachtung aber nicht sehr überzeugend klingt. Nach
Krausbeck befand sich die Fratze früher am Stadttor und diente, ähnlich
wie das „Bettelmaale" in der Durchfahrt des Stadttores, zur Abschreckung
von Feinden. Es ist aber durchaus vorstellbar, daß vielleicht der Kopf als
Vorbild für die Narrenfigur diente. (Ähnliches ist auch in der heutigen Zeit
zu beobachten: z.B. ließ sich der Elzacher Maskenschnitzer Fritz Disch bei
der Neugestaltung von Elzacher Holzmasken in den 1920er Jahren von
Brunnenfiguren beeinflussen49.)

Der Volkskundler Peter Müller sieht in der Wolfacher Steinfratze „eine
heiße Spur auf der Suche nach einer weiteren Verbreitung schuddigähnli-
cher Maskierungen . . ., die mit Schauertagsbräuchen in Verbindung stehen
könnten"50, und weist dabei auf den Dreispitzhut und die Schneckenhausmaskierungen
in Kappelrodeck, Elzach und Zell a.H. hin. Bedenke man
die Bedeutung des Schauertags für diese Gemeinden, „so könnte man ähnlichen
Entwicklungen bei der Gestaltung des Narrenkleides vermuten"51.
Müller bezieht sich dabei ausdrücklich auf die Schmidtsche Ansicht, daß
auf dem Wolfacher Steinkopf tatsächlich Schneckenhäuser dargestellt sind.
Auch wenn diese These wenig wahrscheinlich ist, so gibt es noch drei weitere
Indizien für eine brauchgeschichtliche Verbindung zwischen Elzach
und Wolfach.

Lieselotte Wiedling hat nachgewiesen52, daß die beim Wolfacher Wohlauf
und Elzacher Taganrufen verwendeten Melodien auf eine sehr alte Nachtwächterrufformel
zurückgehen. Beim Wohlauf singt der in einem Bett im
Umzug mitgezogene „Wohlaufma" an den sieben Stellen, wo früher der
Nachtwächter sang, ein in sich abgeschlossenes Lied, während beim Taganrufen
in Elzach eine variierbare zweizeilige Melodieformel verwendet
wird, die dem rezitativisch vorgetragenen, langatmigen Text angepaßt werden
kann. Der Beginn der beiden Texte zeigt eine auffällige Ähnlichkeit53:

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