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wurd verbrennt, d'Fasnet wurd verbrennt". Im Schloßhof wurde die Puppe
schließlich um Mitternacht verbrannt67.
Letztmals verbrannten die Wolfacher 1937 und 1938, offiziell im Narren-
fahrplan angekündigt, die Fasnet, und zwar nach dem Ende des Nasenzuges
im Schloßhof68. Beim Nasenzug trägt jeder Teilnehmer eine fantasievoll
gestaltete Nase im Gesicht, einen alten Hut mit einem Reifschniederspan
auf dem Kopf und eine umgekehrt angezogene Jacke; im Gänsemarsch
ziehen dann die Nasenzügler mit möglichst lauten Krachinstrumenten
durch alle Gassen und Winkel der Stadt. Der Nasenzug ist schon
im 19. Jahrhundert nachweisbar69, geriet wegen aufgetretener Mißstände
längere Zeit in Vergessenheit und wurde, nachdem er bereits in den zwanziger
Jahren zweimal stattfand, 1931 „offiziell" wiederbelebt und im Narrenfahrplan
erwähnt.
Seit dem Wiederbeginn der Fasnet nach dem 2. Weltkrieg gibt es nur noch
die Geldbeutelwäsche (seit 1948) und den Nasenzug (seit 1949) als Fasnetabschluß
. Doch zweimal flammte seither am Fasnetdienstagabend aus besonderen
Gründen wieder ein Feuer auf: 1965 wurde das 1930 erneuerte
Gestell des alten Bretschelhansels (einer mit Brezeln behängten Narrengestalt
, deren Brezeln im Anschluß an den Kinderumzug am Fasnetdienstag
an die teilnehmenden Kinder verteilt werden) im Schloßhof verbrannt70, da
er wegen der wachsenden Kinderzahl zu klein geworden war und durch
den heute noch benutzten, fahrbaren Bretschelhansel ersetzt wurde. (Der
Bretschelhansel war ursprünglich eine etwa 1,50 m große, mit Brezeln
behängte Puppe, die nach dem Kinderumzug am Fasnetdienstag aus dem
Fenster eines Wirtshauses den am Umzug beteiligten Kindern zugeworfen
wurde71.)
Die Gruppe der „Alden Rungunkeln" (der Name dieser Narrengestalt ist
ein Scherz- und Spottname für „alte Weiber"72, weshalb die „Alden Rungunkeln
" auch nicht als Hexen bezeichnet werden wollen) baute für die
Fasnetumzüge eine fahrbare „Altweibermühle", die 1973 und 1977 auch
bei der Aufführung von Georg Anton Bredelins Fasnetsingspiel „Die Weibermühle
von Tripstrill" verwendet wurde73. Diese Altweibermühle fand
1979 auf der Martinswiese beim Gassensteg unter dem Wehklagen der
über das Feuer springenden Rungunkeln in den Flammen ihr Ende. Für die
Umzüge und das Fasnetspiel wurden zwei neue Mühlen gebaut.
Eine besondere Attraktion des Nasenzuges, an dem offiziell nur Männer
teilnehmen dürfen, ist der erst nach dem 2. Weltkrieg aufkommende
Brauch, Frauen, die sich in den Zug eingeschlichen haben, in den Stadtbrunnen
zu tauchen. In Wolfach ist dies keine alte Tradition, aber in ande-
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